Leitsatz

Leistet der Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Schließung des Umlagesystems Sonderzahlungen an eine Zusatzversorgungskasse, fließt den Arbeitnehmern kein Arbeitslohn zu.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Zusatzversorgungskasse in Gestalt einer Anstalt des öffentlichen Rechts, gewährte Beschäftigten kirchlicher und kirchlich-karitativer Einrichtungen sowie eigenen Arbeitnehmern eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung. Der Finanzbedarf wurde im umlagefinanzierten Abschnittsdeckungsverfahren erbracht. Der Umlagesatz wurde für einen Deckungsabschnitt von 25 Kalenderjahren berechnet. Der Umlagesatz betrug zuletzt 4,25 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts.

Zum 1.1.2002 stellte die Klägerin die Zusatzversorgung auf eine kapitalgedeckte Beitragsfinanzierung um. Dabei ergab sich, dass das Kassenvermögen nicht zur vollständigen Kapitaldeckung der im bisherigen System erworbenen Ansprüche und Anwartschaften zur vollständigen Kapitaldeckung ausreichte. Zur Schließung der Deckungslücke von rd. 450 Mio. € erhob die Klägerin ein von den kirchlichen Arbeitgebern zu zahlendes sog. Sanierungsgeld. Dieses betrug jährlich 0,75 % der Entgelte und für 2001 zusätzlich das Fünffache der ab 1.1.2002 zu zahlenden Renten.

Um die Frage zu klären, ob das Sanierungsgeld Arbeitslohn darstelle, gab die Klägerin in Absprache mit der Finanzverwaltung eine LSt-Anmeldung über eine Abschlagszahlung von 5.000 € ab. Der gegen die LSt-Anmeldung eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Das FG gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung führte der BFH aus, dass Arbeitslohn jeder gewährte Vorteil sei, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sei. Auch Zukunftssicherungsleistungen könnten Arbeitslohn darstellen. Die streitigen Sanierungsgelder stellten aber keinen Arbeitslohn dar. Denn die Arbeitnehmer der Klägerin erhielten hierdurch weder einen Vorteil noch sei die Zahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu beurteilen.

Die Arbeitnehmer hätten ihre Ansprüche auf zukünftige Versorgung bereits durch die während des Umlagesystems vorgenommenen Umlagezahlungen in ausreichendem Maß erreicht. Zudem sei das Sanierungsgeld auch nicht "für" die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer gewährt worden. Die Sonderzahlungen seien in eigenbetrieblichem Interesse getätigt worden.

 

Hinweis

1. Deckungslücken in einem Versorgungssystem können die unterschiedlichsten Ursachen haben; sie können u.a. auf eine mangelnde versicherungsmathematische Kalkulation, auf eine Umstellung des Versorgungssystems oder auf deren Schließung zurückzuführen sein. Die mit Spannung erwartete Besprechungsentscheidung befasst sich mit der Frage, ob Sonderzahlungen zur Schließung von Deckungslücken bei Versorgungskassen anlässlich der Umstellung des Versorgungssystems als Arbeitslohn zu beurteilen sind.

2. In Zeiten des demografischen Wandels, in der die (beitragzahlende) arbeitende Bevölkerung abnimmt und die Finanzierungsgrundlagen umlagefinanzierter Versorgungssysteme in Frage stehen, gehen Versorgungskassen häufig dazu über, ihr Finanzierungssystem vom Umlageverfahren auf das Kapitaldeckungsverfahren umzustellen. Da das Umlagesystem indessen auf seinen Fortgang angelegt ist und regelmäßig auch kein (hinreichender) Kapitalstock gebildet wurde, kommt es bei Schließung des Umlagesystems aufgrund der bereits bestehenden Versorgungslasten systembedingt zu einem Fehlbetrag, den Arbeitgeber häufig durch Sonderzahlungen in beträchtlicher Höhe schließen müssen.

Im Hinblick darauf, dass derzeit zahlreiche Versorgungseinrichtungen von einem Umlagesystem zu einem Kapitaldeckungssystem umgestellt werden, kommt der Frage, ob Ausgleichs- oder Nachschussgelder, Sanierungsgelder bzw. Sonderzahlungen des Arbeitgebers als Arbeitslohn zu behandeln sind, eine eminente wirtschaftliche Bedeutung zu (vgl. auch die zeitgleich getroffene Entscheidung VI R 148/98,

3. Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, die anlässlich der Systemumstellung geleisteten Sonderzahlungen stellten – ebenso wie die früheren laufenden Umlagen – steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Die Sonderzahlungen seien eine Art "zusammengeballte (Umlage-)Schlusszahlung".

Diese Auffassung teilt der BFH nicht. Er knüpfte dabei an frühere Entscheidungen an, in denen er z.B. bei Geldzuführungen des Arbeitgebers an Pensionskassen aus Solvabilitätsgründen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 12.9.2001, VI R 154/99, )BFH-PR 2002, 87 sowie bei Zuschüssen des Bundes bei Umstellung des Bahnversorgungswerks (BFH, Urteil vom 30.5.2001, VI R 159/99, BFH-PR 2001, 333) gleichfalls keine Lohnzuwendungen angenommen hat.

4. Ausgehend von dem gesetzlich definierten Arbeitslohnbegriff hat der BFH im Streitfall bereits eine Bereicherung der Arbeitnehmer durch die Sonderzahlung verneint. Der BFH hielt für entscheidend, dass die Versorgungsanwartschaften des Arbeitnehmers durch die Sonderzahlung des Arbeitgebers aus Anlass der Systemumstel...

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