Leitsatz

Ausländische Fotomodelle, die zur Produktion von Werbefilmen kurzfristig im Inland tätig werden, können selbstständig tätig sein.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin produziert Werbefilme. Dazu verpflichtet sie in größerem Umfang ausländische Models (Fotomodelle), die durch Agenturen vertreten werden. Auftraggeber der Produktionen sind Werbeagenturen, die wiederum Beauftragte des jeweiligen Produktherstellers sind. Nach einem von der Werbeagentur und dem Produkthersteller festgelegten Profil werden für die Auswahl des oder der Darsteller Probeaufnahmen mit zehn bis fünfzehn Models durchgeführt (Casting). Die darstellenden Models werden gemeinsam mit dem Regisseur, der i.d.R. von der Werbeagentur und dem Produkthersteller bestimmt wird, ausgewählt.

Die Drehzeit der Werbefilme beansprucht einen Zeitraum von ein bis drei Tagen. Die Beschäftigung der ausgewählten Models bei der Klägerin beschränkt sich regelmäßig auf einen Werbespot. Die Vergütung setzt sich aus der Gage für das Drehen eines Werbespots und dessen Weiterverwendung (Wiederholungshonorar; sog. Buy-Out) zusammen. Der Ersatz von Spesen, Agenturprovisionen und Überstundenentgelten ist unterschiedlich vereinbart. Eine Vergütung auch im Krankheitsfall ist regelmäßig nicht vorgesehen.

Die Klägerin unterwarf die in den Streitjahren 1996 bis 1998 an die ausländischen Models ausgezahlten Gagen und Wiederholungshonorare nicht dem LSt-Abzug. Das FA vertrat die Auffassung, dass die Models als Arbeitnehmer zu beurteilen seien und deshalb für sie LSt einzubehalten sei. Das FA nahm die Klägerin daraufhin wegen nicht abgeführter LSt in Haftung.

Das FG gab der Klage statt (EFG 2006, 409).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Der FG habe eine revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Gesamtwürdigung vorgenommen. Es sei dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Models selbstständig tätig geworden seien. Die Gesamtwürdigung des FG sei möglich.

Das FG habe zu Recht maßgeblich darauf abgestellt, dass die Models nur jeweils äußerst kurzfristig für die Klägerin tätig waren. Bei einer zeitlich nur kurzen Berührung mit dem Betrieb des Auftraggebers sei die Arbeitnehmereigenschaft des Auftragnehmers regelmäßig eher zu verneinen als zu bejahen. Er sei weniger in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert und dessen Weisungen auch nur in geringerem Umfang unterworfen.

Das FG habe auch zu Recht ein Unternehmerrisiko der Models bejaht. Die Models, die für verschiedene Auftraggeber tätig waren, hätten sich die neuen Aufträge dadurch erarbeiten müssen, dass sie die vorangegangenen jeweils zur Zufriedenheit des Auftraggebers ausführten. Es hätte ansonsten die Gefahr bestanden, dass sie bei schlechter Erfüllung des jeweiligen Auftrags nicht erneut engagiert worden wären. Es komme hinzu, dass die Models das Vergütungsrisiko getragen und keinen Anspruch auf Sozialleistungen gehabt hätten.

 

Hinweis

1. Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Das ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

2. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass der Arbeitnehmerbegriff sich nicht durch Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen lässt. Das Gesetz bedient sich nicht eines tatbestandlich scharf umrissenen Begriffs. Es handelt sich vielmehr um einen offenen Typusbegriff, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden kann. Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbstständig oder nichtselbstständig ausübt, ist deshalb anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Hierzu hat der BFH im Urteil vom 14.6.1985, VI R 150 – 152/82 (BStBl II 1985, 661) zahlreiche Kriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt, die für die bezeichnete Abgrenzung Bedeutung haben können. Diese Merkmale sind im konkreten Einzelfall jeweils zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Dabei gilt der Grundsatz, dass kein Merkmal isoliert betrachtet werden darf.

Diese Aufgabe der Gesamtwürdigung obliegt in erster Linie den FG als Tatsacheninstanz. Die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar.

3. Diese Ausgangslage führt dazu, dass Rechtsmitteln bezüglich der Abgrenzung Arbeitnehmer/Selbstständige häufig der Erfolg zu versagen ist (vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 9.11.2004, VI B 150/03, BFH/NV 2005, 347). Nimmt das FG in sorgfältiger Weise alle wesentlichen Umstände des Falls in die Gewichtung und Abwägung auf, so kann ein Rechtsmittel regelmäßig nicht bereits deshalb Erfolg haben, weil ein Beschwerdeführer einem bestimmten Merkmal eine andere Gewichtung zuweisen möchte. Dies gilt es auch bei Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde zu bedenken.

 

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