Rz. 707

Nach dem alten Unions- und nationalen Recht war das Verbringen von Ware durch einen Unternehmer in sein in einem anderen EU-Mitgliedstaat belegenes Konsignationslager bzw. call-off-stock oder Auslieferungslager als ein innergemeinschaftliches Verbringen einzuordnen, das wie eine innergemeinschaftliche Lieferung grundsätzlich steuerfrei ist. Im Bestimmungsmitgliedstaat hatte der Unternehmer einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern. Die anschließende Lieferung des Gegenstandes an einen anderen Unternehmer (Abnehmer) führte in diesem Mitgliedstaat zu einer Inlandslieferung. Einige EU-Mitgliedstaaten (nicht Deutschland) sahen bisher jedoch "Vereinfachungsregelungen" vor, wonach das Verbringen von Ware aus einem anderen Mitgliedstaat in ein im Inland belegenes Konsignationslager noch nicht zu einem innergemeinschaftlichen Erwerb führte. Ein Erwerb wurde in diesen Mitgliedstaaten erst dann angenommen, wenn der Abnehmer die Ware aus dem Lager ausgeliefert bekam. In diesen Mitgliedstaaten galt dieser Abnehmer als Empfänger einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Die unterschiedliche Behandlung in den einzelnen Mitgliedstaaten hatte zur Folge, dass für den Fall des Verbringens der Ware aus einem Mitgliedstaat ohne "Vereinfachungsregelung" in einen anderen Mitgliedstaat mit "Vereinfachungsregelung" erhebliche Unstimmigkeiten im innergemeinschaftlichen Kontrollverfahren (sog. MIAS-Verfahren) verursacht wurden. Zum einen entstanden hierdurch Inkongruenzen hinsichtlich des Liefer- und Erwerbszeitpunkts. Das Verbringen in ein Konsignationslager in einen anderen EU-Mitgliedstaat wurde im Sitzstaat des leistenden Unternehmers bereits zu diesem Zeitpunkt als innergemeinschaftliche Lieferung und in der ZM erfasst und im Rahmen des MIAS-Verfahrens an den Bestimmungsstaat übermittelt. Dort hingegen wurde das Verbringen noch nicht als innergemeinschaftliche Lieferung bewertet und infolgedessen nicht als solche erfasst. Eine entsprechende Erfassung als innergemeinschaftlicher Erwerb erfolgte erst im Zeitpunkt der Auslieferung der Ware aus dem Lager. Eine weitere Inkongruenz entstand hinsichtlich der USt-IdNrn. weil die EU-Mitgliedstaaten mit "Vereinfachungsregelungen" erst den Abnehmer der später ausgelieferten Ware als Empfänger der innergemeinschaftlichen Lieferung behandelten. Die Inkongruenzen hinsichtlich des Zeitpunkts der innergemeinschaftlichen Lieferung/des innergemeinschaftlichen Erwerbs und hinsichtlich der USt-IdNrn. führten dazu, dass die Warenbewegungen für die Verwaltung nicht mehr nachvollziehbar waren und effiziente Prüfmöglichkeiten entfielen.

 

Rz. 708

Zentrale Vorschrift der Konsignationslagerregelung ist Art. 17a MwStSystRL. Danach gilt kurz und in der Terminologie des UStG skizziert Folgendes: Das innergemeinschaftliche Verbringen eines Gegenstands durch einen Unternehmer im Rahmen einer Konsignationslagerregelung ist nicht wie eine entgeltliche Lieferung zu behandeln. D.h. das innergemeinschaftliche Verbringen unter diesen Umständen ist nicht steuerbar. Eine Konsignationslagerregelung liegt unter folgenden Voraussetzungen vor:

  • Gegenstände werden von einem Unternehmer oder auf seine Rechnung von einem Dritten in einen anderen Mitgliedstaat (Bestimmungsmitgliedstaat) im Hinblick darauf versandt oder befördert, zu einem späteren Zeitpunkt und nach der Ankunft an einen anderen Unternehmer (Abnehmer) geliefert zu werden, der gemäß einer bestehenden Vereinbarung zwischen den beiden Parteien zur Übernahme des Eigentums an diesen Gegenständen berechtigt ist;
  • der Unternehmer, der die Gegenstände versendet oder befördert, hat in dem Bestimmungsmitgliedstaat weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung;
  • der Unternehmer (Abnehmer), an den die Gegenstände geliefert werden sollen, hat eine USt-IdNr. im Bestimmungsmitgliedstaat und sowohl seine Identität als auch die ihm vom Bestimmungsmitgliedstaat zugewiesene USt-IdNr. sind dem versendenden oder befördernden (verbringenden) Unternehmer zum Zeitpunkt des Beginns der Versendung oder Beförderung bekannt;
  • der verbringende Unternehmer trägt die Verbringung in das in Art. 243 Abs. 3 MwStSystRL geregelte Register ein und nimmt die Identität des Abnehmers, dessen USt-IdNr. des Bestimmungsmitgliedstaates gemäß Art. 262 Abs. 2 MwStSystRL in die ZM auf.
 

Rz. 709

Ausgangspunkt der Konsignationslagerregelung ist also, dass ein Gegenstand aus einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen EU-Mitgliedstaat transportiert wird (grenzüberschreitendes innergemeinschaftliches Verbringen) mit dem Zweck, dass der Gegenstand erst im Ankunftsmitgliedstaat (nach seinem Transport dorthin) verkauft wird. Die Anwendbarkeit der Konsignationslagerregelung setzt voraus, dass der Unternehmer oder ein von ihm beauftragter Dritter einen Gegenstand des Unternehmens aus dem Gebiet eines EU-Mitgliedstaates (Abgangsmitgliedstaat) in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates (Bestimmungsmitgliedstaat) transportiert. Der Transport muss zu dem Zweck erfolgen, dass nach d...

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