Rz. 693

Die vom Rat am 2.20.2018 angenommene Verordnung[1] enthält u. a. Neuregelungen der sog. Zusammenarbeits-Verordnung 904/2010 im Bereich des grenzüberschreitenden Austauschs von Kfz-Registrierungsdaten, Regelungen zu Ermittlungsbefugnissen von Beamten aus anderen Mitgliedstaaten, die sich anlässlich der Durchführung behördlicher Ermittlungen durch einen Mitgliedstaat in diesem aufhalten dürfen, Regelungen über den Informationsaustausch mit Europol und dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) sowie zum Austausch von Zolldaten im Zusammenhang mit Zollverfahren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit unmittelbar anschließender umsatzsteuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferung.

[1] Verordnung (EU) 2018/1541 v. 2.10.2018 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 904/2010 und (EU) 2017/2454 zur Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, ABl. EU 2018 Nr. L 259/1.

4.28.1 Durchführung behördlicher Ermittlungen

 

Rz. 694

In Art. 7 Abs. 4, 4a der VO 904/2010 wurden neue Pflichten für Mitgliedstaaten (MS) geregelt, die auf Ersuchen anderer MS behördliche Ermittlungen durchführen. Die Verpflichtung zur Durchführung behördlicher Ermittlungen im Zusammenhang mit Lieferungen oder Dienstleistungen eines im ersuchten MS ansässigen Unternehmers, der im ersuchenden MS der Umsatzbesteuerung unterliegt, ist dreistufig aufgebaut:

  • Wenn (mindestens) zwei MS eine behördliche Ermittlung für erforderlich halten und einen gemeinsamen begründeten Antrag mit Hinweisen oder Beweisen zur Gefahr von USt-Betrug oder Hinterziehung stellen, kann der ersuchte MS diese nur nach Art. 54 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2, 3 oder 4 V0 904/2010 ablehnen bzw. sofern ihm die erbetenen Informationen bereits vorliegen und diese die ersuchenden MS zufriedenstellen.
  • Der ersuchte MS muss die behördlichen Ermittlungen nur durchführen, sofern die ersuchenden MS auf dessen Anforderung personelle Unterstützung gewähren. Die behördliche Ermittlung wird dann gemeinsam und unter Leitung sowie nach den Vorschriften des ersuchten MS durchgeführt. Die Beamten der ersuchenden MS erhalten im Rahmen der jeweiligen behördlichen Ermittlung Zugang zu denselben Räumlichkeiten und Unterlagen wie die Beamten des ersuchten MS und – sofern dies die Vorschriften des ersuchten MS zulassen – dürfen Befragungen des Unternehmers durchführen.
  • Wenn der ersuchte MS keine personelle Unterstützung durch die ersuchenden MS anfordert, sollen die ersuchenden MS gleichwohl die Möglichkeit haben, passiv zu Konsultationszwecken im ersuchten MS anwesend zu sein. Sofern die Vorschriften des ersuchten MS dies vorsehen, sollen die Beamten der ersuchenden MS vorbehaltlich des Art. 28 Abs. 2 VO 904/2010 während der behördlichen Ermittlung anwesend sein und die Befugnisse nach Art. 28 Abs. 2 VO 904/2010 ausüben (Zugang zu denselben Räumlichkeiten und Unterlagen wie die Beamten des ersuchten MS) dürfen.

4.28.2 Informationsübermittlung ohne Ersuchen (Art. 13 Abs. 3 VO 904/2010)

 

Rz. 695

Die Abweichung von Standardformularen wird nur in den Fällen des Art. 50 VO 904/2010 (Weiterleitung von Informationen von Drittländern) zugelassen oder in Fällen, bei denen es ein Einvernehmen der beteiligten MS über die Nutzung anderer sicherer Kanäle gibt.

4.28.3 Anforderungen an die elektronischen Systeme (MIAS) der MS (Art. 17 VO 904/2010)

 

Rz. 696

Der Datenumfang sollte ursprünglich durch Einführung neuer Datenkategorien erweitert werden, nämlich um Informationen zum Status des sog. zertifizierten Steuerpflichtigen (CTP) und bestimmte steuerfreie Einfuhren im Zollverfahren 42. Da der Abschluss der Verhandlungen zum CTP im Zusammenhang mit der Änderung der MwStSysRL (sog. Quick Fixes) nicht absehbar war[1], wurden die entsprechenden Vorschriften oder erforderlichen Anpassungen der VO 904/2010 zurückgestellt und alle diesbezüglichen Vorschriften in der Änderungsverordnung gestrichen. Die vorher zu speichernden Daten wurden somit nur um bestimmte Zolldaten im Zusammenhang mit dem Zollverfahren 42 ergänzt. Die EU-Kommission wurde zudem ermächtigt, weitere Details im Wege von Durchführungsrechtsakten festzulegen.

[1] Das Konzept des CTP wurde im Rahmen des Richtlinienpakets zu den sog. Quick Fixes letztlich nicht angenommen, vgl. Abschn. 4.29.

4.28.4 Zugang zu den durch die MS in ihren elektronischen Systemen (MIAS) gespeicherten Daten (Art. 21 VO 904/2010)

 

Rz. 697

Durch Art. 21 Abs. 1a VO 904/2010 soll sichergestellt werden, dass die mit der Prüfung der Steuerbefreiung für bestimmte Einfuhren im Zollverfahren 42 beauftragten (Zoll-)Beamten eines MS Zugriff auf dessen MIAS-Daten für Zwecke des Bestätigungsverfahrens erhalten.

4.28.5 3rd-MS-Request

 

Rz. 698

Die weiteren Modifizierungen betreffen den sog. "3rd-MS-Request" durch Eurofisc-Verbindungsbeamte aus nicht an der die Informationsabfrage betreffenden Transaktion beteiligten MS (Art. 21 Abs. 2 Buchst. e VO 904/2010). Der Zugriffszweck wurde um die Aufdeckung von Betrug erweitert und die zeitliche Beschränkung abgeschafft. Zur sicheren Authentifizierung der Person des den Datenzugang beantragenden Beamten erfolgen Konkretisierungen. Die EU-Kommission wurde diesbezüglich ermächtigt, praktische Modalitäten im Wege von Durchführungsrechtsakten festzulegen.

4.28.6 Grenzüberschreitender Zugang zu Daten der nationalen Fahrzeugregister (Art. 21a VO 904/2010)

 

Rz. 699

Die MS wurden verpflichtet, den zuständigen Behörden aus anderen MS über deren Eurofisc-Verbi...

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