Rz. 472

Durch folgende Rechtsakte war die Verwaltungszusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der MwSt auf eine neue Grundlage gestellt worden:

 

Rz. 473

Die Verordnung (in den Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht) war am 1.1.2004 und die Richtlinie am 15.10.2003 in Kraft getreten. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 waren die bis dahin für die Amtshilfe in Umsatzsteuersachen zwischen den EU-Mitgliedstaaten bestehenden Regelungen, die Richtlinie 77/799/EWG und die Verordnung (EWG) Nr. 218/92, zu einem einheitlichen Rechtsrahmen zusammengefasst worden.

 

Rz. 474

Deutschland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 248 Abs. 1 bis 3 EG, 140 Abs. 2 und 142 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der EGen sowie aus Art. 10 EG verstoßen, dass Deutschland es abgelehnt hat, dem Rechnungshof der EU (ERH) zu gestatten, in Deutschland Prüfungen hinsichtlich der in der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 geregelten Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der MwSt durchzuführen.[3] Der ERH hatte in 2006 dem Bundesrechnungshof (BRH) seine Absicht mitgeteilt, in Deutschland gemäß Art. 248 EG eine Prüfung hinsichtlich der in der Verordnung Nr. 1798/2003 geregelten Zusammenarbeit durchzuführen. Deutschland war der Auffassung, die durch die Verordnung Nr. 1798/2003 geschaffene Zusammenarbeit im Bereich der Erhebung von MwSt-Einnahmen weise keinen unmittelbaren oder hinreichenden Zusammenhang mit den Einnahmen der Gemeinschaft auf. Die MwSt-Einnahmen gehörten zum nationalen Haushalt und seien von den MwSt-Eigenmitteln zu unterscheiden, die allein Einnahmen der Gemeinschaft darstellten. Nach dem EuGH-Urteil besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erhebung der MwSt-Einnahmen unter Beachtung des einschlägigen Unionsrechts einerseits und der Zurverfügungstellung entsprechender Eigenmittel für den Gemeinschaftshaushalt. Nach den weiteren Entscheidungsgründen dient die Zusammenarbeitsverordnung Nr. 1798/2003 dazu, in allen Mitgliedstaaten MwSt-Betrug und -hinterziehung zu bekämpfen. Die Verordnung ist damit ein Mittel, die tatsächliche Erhebung der MwSt-Einnahmen und damit die Zurverfügungstellung der Mehrwertsteuermittel für den Gemeinschaftshaushalt unmittelbar und nachhaltig zu beeinflussen. Nach dem EuGH-Urteil war der ERH zur Vornahme der geplanten Prüfung befugt, da sie sich auf die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungsbehörden i. S. d. Verordnung Nr. 1798/2003 und damit auf die Einnahmen der Gemeinschaft unter dem Gesichtspunkt ihrer Rechtmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung beziehen sollte und mithin in unmittelbarem Zusammenhang mit den dem ERH durch Art. 248 EG übertragenen Befugnissen stand.

 

Rz. 475

Mit der vom Rat am 7.10.2010 verabschiedeten Verordnung (EU) Nr. 904/2010 (Neufassung)[4] war die VO 1798/2003 mWv 1.1.2012 mit Ausnahme einiger Bestimmungen, die bis 31.12.2012 weiter galten, aufgehoben worden.

 

Rz. 476

Die VO gilt grundsätzlich seit 1.1.2012, wobei folgende Ausnahmen vorgesehen waren:

  • Die Vorschriften betreffend EUROFISC waren ab dem 1.11.2010 anwendbar.
  • Die Art. 18 und 22 (Datenbanken/Zugriff) waren ab 1.1.2013 anwendbar.
  • Die Art. 38 bis 42 (sog. kleiner one-stop-shop für Drittlandsunternehmer bezüglich Leistungen auf den Gebieten Telekommunikation, Rundfunk, Television und E-Handel) galten v. 1.1.2012 bis 31.12.2014.
  • Art. 43 bis 47 der Verordnung (Erweiterung des sog. kleinen one-stop-shop auf EU-Unternehmer mit Sitz außerhalb des Bestimmungslands) galten ab 1.1.2015.

Zu der Änderung der VO 904/2010 durch die Verordnung (EU) 2018/1541 vgl. Abschn. 4.28.Zu den Änderungen im Zusammenhang mit dem ab 1.7.2021 geltenden sog. Digitalpaket vgl. Abschn. 4.27.

Art. 7, 13 und 28 bis 30 der VO Nr. 904/2010 verwehren es einem Mitgliedstaat nicht, Umsätze einseitig einer anderen mehrwertsteuerlichen Behandlung zu unterwerfen als derjenigen, nach der sie bereits in einem anderen Mitgliedstaat besteuert wurden. Die VO Nr. 904/2010 begründet weder eine Verpflichtung der Steuerbehörden zweier Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit, um zu einer gemeinsamen Lösung für die mehrwertsteuerliche Behandlung eines Umsatzes zu gelangen, noch ein Erfordernis, wonach die Steuerbehörden eines Mitgliedstaats an die Einstufung dieses Umsatzes durch die Steuerbehörden eines anderen Mitgliedstaats gebunden wären. Die VO beschränkt sich darauf, eine Verwaltungszusammenarbeit zum Zweck des Austauschs von Informationen zu ermöglichen, die für die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten erforderlich sein können. Sie regelt nicht die Zuständigkeit dieser Behörden zur Einstufung der betreffenden Umsätze im Licht solcher Informationen anhand der MwStSystRL.[5]

Art. 10 der VO Nr. 904/2010 i. V. m. ihrem 25. Erwägungsgrund ist dahin auszulegen, dass darin keine Fristen vorgesehen sind, deren Überschreitung sich auf die Rechtmäßigkeit der Aussetzung einer Steuerprüfung auswirken k...

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