Rz. 240

Die Steuerbefreiungen der Tatbestände des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 UStG gelten grundsätzlich auch für Ausfuhren im Reiseverkehr. Diese Rechtslage hat sich aufgrund des mit dem Jahressteuergesetz 1996[1] mit Wirkung ab 1.1.1996 eingefügten § 6 Abs. 3a UStG dahingehend geändert, dass in den Fällen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 UStG die Steuerbefreiung auf Abnehmer mit Wohnort oder Sitz im Drittlandsgebiet[2] beschränkt und für die Ausfuhr eine Frist gesetzt wurde. Diese Änderung beruhte auf Art. 15 Nr. 2 der 6. EG-Richtlinie i. d. F. der Richtlinie 95/7/EG.[3]

 

Rz. 241

Der nach Art. 147 Abs. 1 S. 1 Buchst. c MwStSystRL mögliche weitere Ausschluss der Steuerbefreiung im nichtkommerziellen Reiseverkehr von Ausfuhrlieferungen, deren Gesamtwert einschließlich Mehrwertsteuer 175 EUR nicht übersteigt, wurde vom deutschen Gesetzgeber zunächst nicht vorgenommen (Art. 147 Abs. 1 S. 2 der MwStSystRL.[4] Mit dem Gesetz v. 12.12.2019[5] zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften wurden § 6 Abs. 3a S. 1 Nr. 3 und § 6 Abs. 3a S. 2 eingefügt, die eine zeitlich befristete Wertgrenze von 50 EUR für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr einführten. Die Ausfuhr von Gegenständen zur Ausrüstung oder Versorgung von Beförderungsmitteln im persönlichen Reisegepäck ist durch § 6 Abs. 3 UStG zusätzlich eingeschränkt (Rz. 221).

 

Rz. 242

Die Regelung in § 6 Abs. 3a UStG bezweckt, den Missbrauch im nichtkommerziellen Reiseverkehr zu unterbinden, der vor allem in den Abholfällen besteht, in denen der ausländische Abnehmer die Ausfuhrgegenstände im Inland erwirbt, um sie ins Drittlandsgebiet zu befördern oder zu versenden. Besondere Schwierigkeiten bereitet in diesen Fällen dem Unternehmer der Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung. Der Missbrauch wird dadurch eingeschränkt, dass der Abnehmer im Drittlandsgebiet ansässig sein und den Gegenstand innerhalb einer bestimmten Frist ausgeführt haben muss. Auf die besonderen Nachweispflichten wird hingewiesen (Rz. 395ff.).

 

Rz. 243

Von der Einschränkung der Steuerbefreiung in § 6 Abs. 3a UStG sind folgenden Ausfuhrlieferungen im Rahmen des Reiseverkehrs nicht betroffen:

  1. Ausfuhren im kommerziellen Reiseverkehr[6],
  2. Ausfuhren im nichtkommerziellen Reiseverkehr, wenn

    1. der Unternehmer den Ausfuhrgegenstand befördert[7],
    2. der Abnehmer den Ausfuhrgegenstand versendet.[8]
 

Rz. 244

Für einen Nichtunternehmer gilt die Beschränkung der Steuerbefreiung im Reiseverkehr, aber auch für einen Unternehmer, der für seinen privaten Bedarf Gegenstände im persönlichen Gepäck ausführt, ebenso für Berufspendler und Einkaufstouristen. Zum privaten Bedarf gehören auch Geschenke und Mitbringsel für dritte Personen. Dagegen liegt ein kommerzieller Reiseverkehr vor, wenn der Reisende die Gegenstände, die er im persönlichen Gepäck mit sich führt, um sie in einem Drittstaat weiterzuverkaufen. Den Bestimmungen in Art. 146 Abs. 1 Buchst. b und Art. 147 MwStSystRL entsprechen nationale Regelungen, nach denen die Finanzverwaltung in einem derartigen Fall gehalten ist zu prüfen, ob auch ohne durchgeführte Zollformalitäten die Mehrwertsteuerbefreiung angewandt werden kann, es sei denn, dass diese Formalitäten bewusst oder bösgläubig umgangen wurden.[9] Bei gemischt genutzten Gegenständen, die sowohl zu unternehmerischen als auch zu nicht unternehmerischen Zwecken erworben werden, entscheidet die Zuordnung des Abnehmers; ordnet der Abnehmer den Ausfuhrgegenstand im Zeitpunkt des Erwerbs seinem Unternehmen zu, unterliegt er nicht der Beschränkung des § 6 Abs. 3a UStG.[10]

 

Rz. 245

§ 6 Abs. 3a UStG kommt nur zur Anwendung, wenn der Abnehmer den Gegenstand im persönlichen Reisegepäck ausführt. Die Ausfuhr eines Gegenstands im persönlichen Reisegepäck des Abnehmers setzt voraus, dass der Unternehmer die Verfügungsmacht über den Ausfuhrgegenstand dem Abnehmer im Inland verschafft hat, mit anderen Worten, dass der Abnehmer den Gegenstand im Inland selbst in Empfang genommen hat oder durch seinen Beauftragten hat in Empfang nehmen lassen, oder dass der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung an den ausländischen Abnehmer oder an dessen Beauftragten an einen Ort im Inland befördert oder versendet hat. Es wird aber auch der Fall erfasst, dass der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung an einen Ort im übrigen Unionsgebiet befördert oder versendet und der Abnehmer den Gegenstand danach im persönlichen Reisegepäck in das Drittlandsgebiet ausführt.

 

Rz. 246

Abnehmer, die den Liefergegenstand zwar im Inland ausgehändigt erhalten haben, ihn aber nicht selbst befördern, sondern mit Post, Bahn oder einen Spediteur ins Drittlandsgebiet versenden, unterliegen nicht der Einschränkung des § 6 Abs. 3a UStG.

 

Rz. 247

Zum persönlichen Reisegepäck des Abnehmers gehören diejenigen Gegenstände, die der Abnehmer beim Grenzübertritt persönlich mit sich führt, in erster Linie also das Handgepäck. Bei Benutzung eines Verkehrsmittels (z. B. Pkw, Omnibus, Bahn, Flugzeug ode...

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