Rz. 23

Der persönliche Geltungsbereich des § 2b UStG deckt sich mit dem des früheren § 2 Abs. 3 UStG. Er gilt nur für juristische Personen öffentlichen Rechts (jPöR). Das sind Gebilde mit eigener Rechtspersönlichkeit, die aufgrund Hoheitsakts oder öffentlich-rechtlicher Anerkennung bestehen und zur Ausübung öffentlicher Gewalt im Geltungsbereich des Gesetzes berufen sind. Rechtsgrundlage für ihre Errichtung oder Anerkennung und ihr Tätigwerden kann öffentliches Bundes- oder Landesrecht sein, ggf. aber auch früheres Reichsrecht oder Gewohnheitsrecht.[1] Unter die Regelung fallen daher Körperschaften sowie rechtsfähige Anstalten und Stiftungen öffentlichen Rechts, insbesondere

  • Gebietskörperschaften, also insbesondere Bund, Länder und Gemeinden;
  • Verbandskörperschaften, wie Gemeindeverbände oder Zweckverbände;
  • Realkörperschaften, z. B. Jagd- und Fischereigenossenschaften;
  • Personalkörperschaften, wie Berufskammern und Innungen;
  • bundesunmittelbare jPöR, z. B. die Deutsche Bundesbank;
  • kirchenrechtliche Körperschaften, also die öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Weimarer Reichsverfassung), je nach den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen auch deren Einrichtungen;
  • rechtsfähige Anstalten öffentlichen Rechts, z. B. öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten;
  • rechtsfähige öffentlich-rechtliche Stiftungen, z. B. die Stiftung preußischer Kulturbesitz.
 

Rz. 23a

Für ausländische jPöR gilt die Regelung entsprechend. Die Frage, ob es sich bei der ausländischen Einrichtung um eine des öffentlichen Rechts handelt, ist grundsätzlich nach der entsprechenden ausländischen Rechtsordnung, jedoch im Zweifel aus deutscher Sicht zu beantworten, was aber nicht ausschließt, auch das jeweilige ausländische Recht heranzuziehen. Die deutsche Verwaltungsregelung, wonach sich die Beurteilung, ob eine ausländische Einrichtung eine jPöR ist, grundsätzlich nach deutschem Recht richtet[2], ist dagegen zumindest missverständlich, da das nationale Recht jedenfalls für die Frage der Rechtsfähigkeit einer ausländischen Einrichtung ohne Relevanz ist.[3]

 

Rz. 23b

Im Gegensatz zu § 2b UStG ist der persönliche Geltungsbereich des Art. 13 MwStSystRL nicht auf jPöR beschränkt, sondern erfasst neben den ausdrücklich dort genannten Staaten, Ländern und Gemeinden ganz allgemein "sonstige Einrichtungen öffentlichen Rechts". Das Unionsrecht ist daher vom Wortlaut her weiter gefasst. Daher konnte der EuGH in der Rs. Saudacor zu der Auffassung gelangen, dass bei "organschaftlicher" Eingliederung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung u. U. auch privatrechtliche Gebilde als sonstige Einrichtungen öffentlichen Rechts angesehen werden können[4] Saudacor war eine durch Verordnung aus einer früheren öffentlichen Anstalt geschaffene Aktiengesellschaft, deren Anteile zu 100 % von der Gebietskörperschaft gehalten wurden, die von Saudacor Dienstleistungen im Bereich des regionalen Gesundheitswesens bezog. Der EuGH sah hier einige Sachverhaltselemente als für die Behandlung als sonstige Einrichtung öffentlichen Rechts entsprechend an, insbesondere eine eingeschränkte "Autonomie" aufgrund des engen öffentlich-rechtlichen Handlungsrahmens, einen möglicherweise fehlenden Wettbewerb, das Innehaben von hoheitlichen Befugnissen sowie eine "organschaftliche" Eingliederung infolge der Aufsichtsinhaberschaft der Trägerkörperschaft und der gesetzlichen Zweckbestimmung bei der Errichtung der Gesellschaft. Dass die Behandlung eines privatrechtlichen Subjekts als sonstige Einrichtung öffentlichen Rechts auch aus Sicht des EuGH nur engen Ausnahmecharakter hat, zeigt jedoch seine nachfolgende Entscheidung in der Rs. Nagyszénás.[5] Dies sieht der BFH genauso.[6] Da der Wortlaut des § 2b UStG aber auch nicht ausnahmsweise eine Anwendung für sonstige Einrichtungen öffentlichen Rechts vorsieht, könnte er zu eng gewählt worden und die Regelung damit hinter Art. 13 Abs. 1 MwStSystRL zurückgeblieben sein.[7]

Die Finanzverwaltung hat die v.g. EuGH-Rechtsprechung gleichwohl umgesetzt und eine Berufung auf das Unionsrecht m. E. zutreffend nur unter restriktiven Bedingungen zugelassen.[8] Sie verlangt insbesondere eine besonders stark ausgeprägte Eingliederung und die Ausübung von den der öffentlichen Gewalt vorbehaltenen Handlungen. Praktische Anwendung hat die nach der Saudacor-Rechtsprechung mögliche Behandlung privater Rechtssubjekte als sonstige Einrichtungen öffentlichen Rechts daher i.E. wohl kaum.[9]

 

Rz. 24

Besteuerungs- und damit auch Betrachtungssubjekt im Rahmen des § 2b UStG ist die jPöR als Gesamtheit, nicht aber einzelne Einrichtungen. Insoweit hat sich durch § 2b UStG gegenüber der früheren Rechtslage keine Änderung ergeben. Schon bisher stellte nach der Rechtsprechung des BFH[10] und nach Verwaltungsauffassung[11] die Gesamtheit aller BgA und aller land- und forstwirtschaftlichen Betriebe das Unternehmen der jPöR dar. In der Praxis wurde gleichwohl jedenfalls bei den Gebietskörperschaften Bund und Länder und teilweise bei Kirchen ...

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