Rz. 22

Die für die nationale Regelung maßgebende Bestimmung des Art. 13 MwStSystRL wurde bereits weitgehend unverändert aus der Vorgängerregelung des Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie übernommen und bis heute fortgeführt (Rz. 1). Im Dezember 2010 legte die EU-Kommission ein sog. Grünbuch über die Zukunft der Mehrwertsteuer vor, in der sie unter dem Gesichtspunkt der Steuerneutralität u. a. die geltenden Vorschriften für öffentliche Einrichtungen infrage stellte und es für möglich hielt, diese künftig mit allen wirtschaftlichen Tätigkeiten in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer einzubeziehen.[1] In der im Dezember 2011 folgenden Mitteilung zur Zukunft der Mehrwertsteuer konkretisierte sie dies dahingehend, dass die aktuelle Regelung durch fehlende Neutralität gekennzeichnet sei und dadurch Wettbewerbsverzerrungen entstünden. Wegen der mit einer Einbeziehung öffentlicher Einrichtung in die Besteuerung verbundenen Auswirkungen auf die Kosten öffentlicher Güter kündigte sie die Prüfung eines schrittweisen Vorgehens an.[2] Im Oktober 2013 führte die EU-Kommission dazu eine öffentliche Konsultation durch.[3] Dem "Summary Report" v. 18.12.2014[4] zur Folge kamen von den insgesamt 584 Einsendungen allein 266 aus Deutschland (davon 185 von öffentlichen Einrichtungen) und 100 aus Österreich, der Rest verteilte sich ungleichmäßig auf andere Mitgliedstaaten. Vor dem Hintergrund der hierzulande geführten Diskussion wenig verwunderlich ist daher, dass die EU-Kommission die Reaktionen aus den Mitgliedstaaten in dem Report im Wesentlichen zweigeteilt darstellt: die Auffassung des Lagers der Wirtschaftsvertreter, welches eine stärkere Besteuerung öffentlicher Einrichtungen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen befürwortet, und die Meinung der Vertreter der öffentlichen Hand, die einer weitgehenden Privilegierung das Wort reden. Seit der Mitteilung über das Ergebnis der Konsultation sind in Bezug auf die Besteuerung öffentlicher Einrichtungen keine Aktivitäten der EU-Kommission mehr zu verzeichnen. Ob und wann mit einem konkreten Richtlinienänderungsvorschlag zu rechnen ist, ist derzeit offen. Der sog. Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer v. 7.4.2016[5] enthält hierzu keine Ankündigungen.

 

Rz. 22a

Dass mit einer baldigen Korrektur des Art. 13 MwStSystRL zu rechnen ist, erscheint auch vor folgendem Hintergrund zunehmend unwahrscheinlich. Denn zwischenzeitlich hat die EU-Kommission als ersten Schritt zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens die Bundesregierung nach Art. 258 AEUV insbesondere zu § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG angehört[6] und unionsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Ausnahmen von der Wettbewerbsverzerrung geäußert. Ob das BMF-Schreiben vom 14.11.2019, das als Folge dieser Intervention veröffentlicht wurde (Rz. 62a), die Fortsetzung des Vertragsverletzungsverfahrens verhindert, bleibt abzuwarten.

[1] EU-Kommission v. 1.12.2010, KOM(2010)695, Grünbuch über die Zukunft der Mehrwertsteuer – Wege zu einem einfacheren, robusteren MwSt-System, 11f.
[2] EU-Kommission v. 6.12.2011, KOM (2011)851, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss zur Zukunft der Mehrwertsteuer – Wege zu einem einfacheren, robusteren und effizienteren MwSt-System, das auf den Binnenmarkt zugeschnitten ist, 10f.
[3] ec.europa.eu/taxation_customs/common/consultations/tax/2013_vat_public_bodies_de.htm.
[4] EU-Kommission v. 18.12.2014, IB/mve taxud.c.1(2014)4694356, Summary report of the outcome of the public consultation on the Review of existing VAT legislation on public bodies and tax exemptions in the public interest, circabc.europa.eu.
[5] ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/vat/action_plan/index_de.htm
[6] Rust, MwStR 2019, 986.

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