1 Allgemeines

1.1 Inhalt der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 2a UStG ist mWv 1.1.1993 zum Beginn des EU-Binnenmarkts in das UStG eingefügt worden. Die Vorschrift enthält ein Novum ohne Vorbild im bis zum 31.12.1992 geltenden Umsatzsteuerrecht, denn erstmals werden Nichtunternehmer (insbesondere Privatpersonen) fiktiv wie Unternehmer behandelt. Die Einbeziehung eines Nichtunternehmers in das Umsatzsteuersystem greift ein, wenn jemand – ohne Unternehmer i. S. d. § 2 UStG zu sein – im Inland ein neues Fahrzeug (§ 1b UStG) liefert und dieses Fahrzeug im Rahmen der Lieferung in einen anderen EU-Mitgliedstaat gelangt. Auch ein Unternehmer i. S. d. § 2 UStG, der ein neues Fahrzeug nicht im Rahmen seines Unternehmens in einen anderen EU-Mitgliedstaat liefert, wird – entgegen der Handhabe bei der Lieferung anderer Gegenstände außerhalb seines Unternehmens – nach § 2a UStG in das Umsatzsteuersystem einbezogen. Diese Maßnahme war allein deshalb erforderlich, um eine Entlastung des neuen Fahrzeugs von der deutschen USt und eine Belastung mit der USt des Bestimmungslands (EU-Mitgliedstaat, in dem der Käufer ansässig ist) zu erreichen. Wenn das Neufahrzeug nämlich mit der bereits beim Erwerb durch den inländischen Käufer entrichteten USt belastet bliebe, führte dies zu einer erheblichen Benachteiligung gegenüber den gewerblichen, zum Vorsteuerabzug berechtigten Händlern. Die Entlastung des Neufahrzeugs von der deutschen USt wird technisch dadurch erreicht, dass die "Weiterlieferung" des neuen Fahrzeugs an einen Abnehmer in einem anderen EU-Mitgliedstaat steuerfrei gestellt[1]  und dem (gelegentlichen) Fahrzeuglieferer für die beim Ankauf, bei der Einfuhr oder beim innergemeinschaftlichen Erwerb dieses Fahrzeugs entrichtete USt ein nachträglicher Vorsteuerabzug gewährt wird (§ 15 Abs. 4a UStG). In der Literatur wird diese Gesetzestechnik teilweise als ein Musterbeispiel für die Bürgerferne des Gesetzgebers und für eine unnötige, kaum noch zu überbietende Kompliziertheit des Gesetzes angesehen.[2]

 

Rz. 2

Die Regelung hätte vom Gesetzgeber auch in den § 2 UStG integriert werden können. Der Gesetzgeber hat sich jedoch dafür entschieden, eine eigenständige Vorschrift in das UStG aufzunehmen, nämlich § 2a UStG. Damit sollte der Übergangscharakter herausgestellt werden. Der Gesetzgeber ging nämlich Anfang der 1990er-Jahre noch davon aus, dass die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Handels nach dem Bestimmungslandprinzip später durch das sog. endgültige System der Besteuerung nach dem Ursprungslandprinzip abgelöst werden sollte (Rz. 5). Die ab 1.1.2007 anzuwendende MwStSystRL geht zwar auch noch davon aus, dass beim innergemeinschaftlichen Handel das Bestimmungslandprinzip irgendwann einmal vom Ursprungslandprinzip abgelöst wird.[3] Da die Umsatzbesteuerung nach dem Ursprungslandprinzip jedoch auf EU-Ebene nicht konsensfähig ist, hat die EU-Kommission am 4.10.2017 Vorschläge zur Änderung der MwStSystRL sowie zweier Durchführungsverordnungen vorgelegt, mit denen sie nun den Übergang zum generellen Bestimmungslandprinzip beim innergemeinschaftlichen Warenhandel einleiten möchte.[4]  Allerdings haben verschiedene EU-Mitgliedstaaten auch hiergegen erhebliche Vorbehalte angemeldet. Die Diskussion auf EU-Ebene hierzu dauert an. Realistisch ist auf absehbare Zeit nicht mit einer generellen Änderung des MwSt-Systems innerhalb der EU zu rechnen. Jedenfalls ist der Übergangscharakter des § 2a UStG inzwischen entfallen.

 

Rz. 3

§ 2a S. 1 UStG bezeichnet das Steuersubjekt, das Steuerobjekt und die Voraussetzungen, unter denen ein Nichtunternehmer bei einer Fahrzeuglieferung in einen anderen EU-Mitgliedstaat wie ein Unternehmer behandelt wird. Durch das unbestimmte Wort "wer" drückt der Gesetzgeber aus, dass grundsätzlich jedermann (natürliche oder juristische Einzelpersonen oder Personenzusammenschlüsse) als gelegentlicher Fahrzeuglieferer und damit als Steuersubjekt in Betracht kommt. Die Lieferung eines neuen Fahrzeugs bildet das Steuerobjekt.

 

Rz. 4

§ 2a S. 2 UStG bestimmt, dass auch Unternehmer i. S. d. § 2 UStG als gelegentliche Fahrzeuglieferer in Betracht kommen. Dieser Personenkreis wird nämlich dann als gelegentlicher Fahrzeuglieferer i. S. d. § 2a UStG angesehen, wenn er ein neues Fahrzeug nicht im Rahmen des Unternehmens (insbesondere Fahrzeuge, die der Unternehmer von vornherein seinem Privatvermögen zugeordnet hat) an einen Abnehmer in einem anderen EU-Mitgliedstaat liefert.

[2] Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2a UStG Rz. 4.
[4] § 12 UStG Rz. 106f.

1.2 Unionsrechtliche Grundlagen

 

Rz. 5

§ 2a UStG beruhte bis zum 31.12.2006 auf Art. 28a Abs. 4 Unterabs. 1 der 6. EG-Richtlinie. Nach der Systematik, die der 6. EG-Richtlinie zugrunde lag, sollte die USt, die bei der Lieferung neuer Fahrzeuge anfiel, stets dem Bestimmungsland (Verbrauchsland) zugutekommen. Das für Privaterwerbe grundsätzlich geltende Ursprungslandprinzip, wonach eine Ware mit der USt/MwSt im Verkaufsland zu den dortigen Steuersätzen belastet bleiben sollte, galt und gilt auch noch he...

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