Rz. 239

Große Vielfalt weisen die Sachverhalte bzw. Gestaltungsformen bei der Anschaffung oder Herstellung von Gebäuden auf. In der Praxis ist besonders die umsatzsteuerliche Beurteilung der Errichtung von Gebäuden auf Ehegattengrundstücken oft schwierig, weil in diesem Bereich vielfach mangels eindeutiger Absprachen und Verträge keine klaren Rechtsverhältnisse herrschen.

 

Rz. 240

Der BFH hat den Vorsteuerabzug bei der Zwischenvermietung von Wohnungen seit dem Urteil v. 15.11.1983[1] in den meisten Fällen nicht anerkannt, weil er die Zwischenvermietung grundsätzlich als rechtsmissbräuchlich i. S. v. § 42 AO angesehen hat.[2] Die Anmietung von Wohnungen durch einen gewerblichen Mieter, der diese Wohnungen dann an private Mieter weitervermietet, hatte nämlich nur den Zweck, den seinerzeit möglichen Zugang zum Vorsteuerabzug dadurch zu erlangen, dass der Vermieter bei seinem Umsatz an den Zwischenvermieter auf die Steuerfreiheit gem. § 4 Nr. 12 UStG nach § 9 UStG i. d. F. vor dem 1.1.1985[3] verzichtete.

 

Rz. 241

Zur Haltung der Verwaltung, die dem BFH hinsichtlich der Missbrauchsvermutung folgt, s. BMF v. 8.5.1988.[4] Das BVerfG[5] hat die Rspr. des BFH zur Nichtanerkennung der Zwischenvermietung gebilligt. Durch die Änderung des § 9 Abs. 2 UStG, wonach ein Verzicht auf die Steuerbefreiung bei Gebäuden nur noch möglich ist, wenn der Endnutzer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, hat sich das Problem der Zwischenvermietung in der Praxis – jedenfalls bei Neubauten – weitgehend erledigt. Die gleiche Problematik ergibt sich bei Um- und Ausbauten. Zu beachten ist dabei die immer noch geltende Übergangsregelung gem. § 27 Abs. 2 UStG für Gebäude, die vor dem 1.4.1985 oder 1.1.1986 fertiggestellt wurden.

 

Rz. 242

In dem umfangreichen BMF v. 23.1.1986[6] hat die Verwaltung mit zahlreichen Beispielen die Grundsätze zusammengefasst, nach denen sie die umsatzsteuerlichen Fragen bei der Errichtung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden behandeln will. Auf dieses Schreiben wird in Abschn. 15.2d Abs. 1 Nr. 1 UStAE verwiesen; insofern ist es Teil des UStAE und immer noch gültig. Für den Vorsteuerabzug kommt es danach darauf an, wer Besteller der Baumaßnahme ist. Nur dieser Besteller kann den Vorsteuerabzug geltend machen, wenn er das Bauwerk sofort im Rahmen von Werklieferungen weiter liefert oder wenn er zwar Verfügungsmacht an dem Bauwerk behält, es jedoch für die Zwecke verwendet, die den Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 2 und Abs. 3 UStG nicht ausschließen.

 

Rz. 242a

Der BFH hat diese in der Praxis bewährten Grundsätze in seinem Urteil vom 13.11.2019[7] ausdrücklich bestätigt. Der BFH nimmt eine Weiterlieferung nicht nur dann an, wenn das zivilrechtliche Eigentum übertragen wird, sondern auch dann, wenn der Besteller der Baumaßnahme dem Vermieter einen von diesem unmittelbar tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zuwendet.

 

Rz. 243

Bei fehlender Weiterlieferung des Bauwerks richtet sich der Vorsteuerabzug danach, wie sich die Verwendungsverhältnisse beim Besteller darstellen.

 

Rz. 244

Der Grundstückseigentümer, an welchen vom Besteller das Bauwerk oder ein Teil davon steuerpflichtig – der Umsatz unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer[8] – geliefert wird, kann, wenn ihm der Besteller die USt in Rechnung stellt, somit den Vorsteuerabzug nach den Verwendungsverhältnissen geltend machen, die bei ihm herrschen.

 

Rz. 245

Der BFH hat in dem Leitsatz des Urteils v. 25.11.1987[9] ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei der Gebäudeerrichtung durch eine Grundstücksgemeinschaft von Ehegatten zur Vermeidung von Nachteilen beim Vorsteuerabzug bei der Auftragsvergabe darauf zu achten ist, ob einer der Ehegatten oder die Ehegattengemeinschaft Leistungsempfänger ist. Durch die Entscheidung des BFH v. 1.10.1998 (Rz. 236) ist diese Auffassung nicht überholt, denn in dem Urteilsfall v. 1.10.1998 waren alle Mitglieder der Gemeinschaft unternehmerisch tätig.

 

Rz. 246

Im Urteil v. 1.8.2002[10] hat der BFH allerdings einem Unternehmer den Vorsteuerabzug aus dem von ihm unternehmerisch genutzten Anteil an einem Gebäude gewährt, welches der Unternehmer und sein Ehegatte je zu 50 % zu Eigentum besaßen und die Rechnung aus den Baukosten an beide Ehegatten adressiert war.

 

Rz. 247

Der EuGH hat im Urteil v. 21.4.2005[11] aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des BFH v. 29.8.2002[12] einem Unternehmer den Vorsteuerabzug aus den Kosten für sein unternehmerisches Arbeitszimmer zugesprochen, das er in einem Gebäude unterhielt, welches er zusammen mit seiner Ehefrau errichtet hatte, wobei die Ehefrau zu 2/3 und der Unternehmer nur zu 1/3 Eigentümer des Gebäudes waren. Im Fall des EuGH waren die Rechnungen korrekterweise auf die Eheleute ausgestellt worden. Der EuGH hält wegen des Grundsatzes der Neutralität den Vorsteuerabzug beim unternehmerisch tätigen Ehegatten für zwingend; er sieht auch keine Missbrauchsgefahr durch die eventuell mehrfache Geltendmachung des Vorsteuerabzugs durch mehrere Personen, weil der andere Ehegatte und die Ehegattengemeinschaft nicht un...

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