Rz. 12

Die Ermächtigung des nationalen Gesetzgebers zur ermäßigten Besteuerung ergibt sich aus Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL. Danach sind die Mitgliedstaaten berechtigt, auf bestimmte Waren und Dienstleistungen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden. Nach Anhang III Kategorie 7 MwStSystRL fallen hierunter auch die "Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen, für Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen". Auf diese Weise sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, durch einen niedrigeren Steuersatz zugunsten der Besucher bestimmter kultureller Veranstaltungen eine Preiserhöhung zu vermeiden.[1] Da es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz handelt, dass für Leistungen der normale Steuersatz gilt, sind die Bestimmungen eng auszulegen, wobei die Auslegung grundsätzlich nach der gewöhnlichen Bedeutung zu erfolgen hat.[2] Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt die Entscheidung über die Ausübung dieses Rechts zwar in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Diese haben aber bei der Ausübung ihrer Zuständigkeit den Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten. Dieser Grundsatz verbietet insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Vielmehr ist auf solche Waren oder Dienstleistungen ein einheitlicher Steuersatz anzuwenden. Der nationale Gesetzgeber hat daher auch nicht die Freiheit, den Kreis derer, deren Leistungen dem ermäßigten Satz unterliegen, willkürlich zu beschränken.[3] Infolgedessen sind hinsichtlich der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG für Schaustellerleistungen Mängel hinsichtlich der korrekten Umsetzung von Unionsrecht erkennbar. Auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Schausteller Personen, die mit ihren der Unterhaltung dienenden Unternehmen gewerbsmäßig Jahrmärkte, Volksfeste usw. beschicken, also von Ort zu Ort ziehen (Rz. 30ff.). Somit sind Schaustellerleistungen nicht begünstigt, wenn sie von ortsfesten Einrichtungen aus erbracht werden (z. B. Fahrgeschäfte in Freizeit- und Vergnügungsparks). Diese Leistungen dürften jedoch mit den Schaustellerleistungen auf Volksfesten, Jahrmärkten usw. vergleichbar sein, bzw. es dürfte sich i. S. d. EuGH-Rechtsprechung um – jedenfalls aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers – gleichartige Leistungen handeln, die auch gleich behandelt werden müssten. Die Anwendung des Reg elsteuersatzes auf Leistungen von Freizeit- und Vergnügungsparks dürfte daher unionsrechtlich vor dem Hintergrund des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG kaum haltbar sein.[4]

 

Rz. 13

Des Weiteren werden zwar alle in der Vorschrift begünstigten Leistungsarten von Anhang III Nr. 7 MwStSystRL umfasst. Fraglich ist jedoch, ob der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG, der anders als die Parallelvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG nicht von Eintrittsberechtigungen zu Zirkusveranstaltungen, für zoologische Gärten oder zu Schaustellerleistungen spricht, noch vom Wortlaut des Anhangs III Nr. 7 MwStSystRL gedeckt ist, wonach sich die Steuerermäßigung ausdrücklich auf die Eintrittsberechtigungen für die genannten Veranstaltungen beschränkt. Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG reicht demgegenüber bei allen nach der Vorschrift begünstigten Leistungen grundsätzlich weiter.

[4] Siehe aber BFH v. 2.8.2018, V R 6/16, BFH/NV, 2018, 1347, zu einem Freizeitpark mit verschiedenen Themenbereichen, wonach (entgegen der Auffassung in dieser Kommentierung) gegen die Einschränkung des Begünstigungstatbestandes auf Schausteller, die ein Reisegewerbe betreiben, unter Ausschluss der ortsgebundenen Schaustellungsunternehmen im Hinblick auf das Unionsrecht keine Bedenken bestehen sollen.

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