Rz. 21

Schriftliche Äußerungen eines Zeugen aus einem außergerichtlichen Verfahren dürfen nicht an die Stelle seiner Aussage vor Gericht treten. Sie sind nicht wie Zeugenaussagen zu werten.[1] Allerdings kann das Gericht ausnahmsweise die schriftliche Äußerung eines Zeugen für ausreichend erachten.[2]

 

Rz. 22

In Protokollen enthaltene Zeugenaussagen, die bei einer polizeilichen Vernehmung oder im Verwaltungsverfahren aufgenommen wurden, können mit Einverständnis der Beteiligten als Urkundenbeweis verwertet werden.[3] Da die Beteiligten sowohl auf die unmittelbar in der mündlichen Verhandlung durchzuführende Beweisaufnahme als auch auf das unmittelbare Beweismittel verzichten können, ist gegen die Rspr. nichts einzuwenden.

Die in Behördenakten protokollierten Auskünfte und Wahrnehmungen dürfen im Weg des Urkundenbeweises in den Finanzgerichtsprozess eingeführt werden. Dies gilt nur dann nicht, wenn einer der Beteiligten der Verwertung der darin dokumentierten Feststellungen widerspricht oder substanziierte Einwendungen gegen die Richtigkeit der Feststellungen geltend macht bzw. wenn sich dem Gericht eine Zeugenvernehmung aufdrängen muss. In diesem Fall hat das FG eine Beweisaufnahme durchzuführen.[4] Widerspricht ein Beteiligter, kommt eine Verwertung der protokollierten Aussage im Weg des Urkundenbeweises in Betracht, wenn der Zeuge nicht erreichbar ist.[5]

Führt das Gericht eine Zeugenvernehmung durch, kann es dem Zeugen bei seiner Vernehmung Vorhaltungen aus Vernehmungsprotokollen machen, die in anderen Akten enthalten sind, und diese bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen berücksichtigen.[6]

 

Rz. 23

Die unmittelbare Verwertung von im Rahmen einer in einem anderen Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme gewonnenen Erkenntnissen ist nur unzulässig, wenn ein Beteiligter ausdrücklich widerspricht und substanziierte Einwendungen, verbunden mit Beweisanträgen gegen die dort getroffenen Feststellungen, erhebt.[7] Dies gilt auch dann, wenn der betroffene Beteiligte an dem anderen Gerichtsverfahren nicht beteiligt war.[8] Das Gleiche gilt für Zeugenaussagen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, wenn die Ermittlungsakten in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführt wurden.[9] Die Tatbestände anderer Urteile bzw. die Protokolle gerichtlicher Beweisaufnahmen oder die aufgrund eines Beweisbeschlusses in einem anderen Verfahren schriftlich erstellten Gutachten oder in den Akten enthaltene Aussagen können als Urkundenbeweis in den Finanzgerichtsprozess eingeführt werden.

 

Rz. 24

Wegen des besonderen Schutzes der persönlichen Beziehungen zwischen Eheleuten lässt der BFH die Verwertung von familiengerichtlichen Scheidungsakten gegen den Widerspruch eines Beteiligten grds. nicht zu. Hier soll eine unmittelbare Beweisaufnahme durch Anhörung der Eheleute durchgeführt werden. Auch wenn diese nicht möglich, zulässig oder zumutbar ist, ist eine Beiziehung der Akten nur ausnahmsweise unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots möglich, wenn dies im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit erforderlich ist.[10]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge