1 Grundlagen

1.1 Begriff – Zweck

 

Rz. 1

Eine Klageänderung ist die Änderung der Beteiligten (s. Rz. 6) oder des Gegenstands des Klagebegehrens (s. § 65 FGO Rz. 18) im rechtshängigen (s. § 66 FGO Rz. 1) Klageverfahren[1]. Durch die zulässige Klageänderung soll aus prozessökonomischen Gründen der zwischen den Beteiligten vorliegende Streitkomplex möglichst zügig in einem Verfahren erledigt und ein weiteres Verfahren in diesem Zusammenhang vermieden werden (vgl. BFH v. 26.2.1980, VII R 60/78, BStBl II 1980, 331; s. Rz. 13; Stöcker, in Beermann/Gosch, AO, § 67 FGO Rz. 2). Der Beklagte ist durch das Erfordernis der Einwilligung (s. Rz. 11) oder der Sachdienlichkeit nach Einschätzung des Gerichts gegen willkür­liche Klageänderungen hinreichend geschützt (FG Hamburg v. 10.11.2006, 1 K 138/02, EFG 2007, 429; Schallmoser, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 67 FGO Rz. 1).

1.2 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

§ 67 FGO gilt im Klageverfahren und entsprechend im Antragsverfahren beim FG bei einer Änderung des Antragsgegenstands (vgl. BFH v. 7.2.1980, VI B 97/79, BStBl II 1980, 210; s. für den Übergang des Antrags nach § 69 FGO auf den nach § 114 FGO FG Baden-Württemberg v. 23.1.1990, IX V 47/89, EFG 1990, 324; FG Baden-Württemberg v. 29.5.1992, 9 V 41791, EFG 1992, 614; s. Stöcker, in Beermann/Gosch, AO, § 67 FGO Rz. 5; Schallmoser, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 67 FGO Rz. 3; a. A. FG Berlin-Brandenburg v. 19.2.2008, 6 V 6196/07, EFG 2008, 964).

 

Rz. 3

Eine Klageänderung nach § 67 FGO ist im Revisionsverfahren gem. § 123 Abs. 1 S. 1 FGO ausgeschlossen [1]. Im Beschwerdeverfahren ist dagegen die angefochtene Entscheidung nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht in vollem Umfang nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nachzuprüfen (s. § 132 FGO Rz. 5). Die Änderung oder Erweiterung des im Verfahren vor dem FG gestellten Antrags ist im Beschwerdeverfahren zulässig[2], der Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens muss jedoch mit dem des erstinstanzlichen Verfahrens identisch sein, d. h., er darf nicht geändert werden (s. § 132 FGO Rz. 7 m. w. N.; für entspr. Anwendung im Beschwerdeverfahren s. Schallmoser, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 67 FGO Rz. 4).

 

Rz. 4

§ 67 FGO ist nicht anwendbar

  • bei einer Änderung oder Ersetzung des angefochtenen Verwaltungsakts durch einen neuen Verwaltungsakt[3]. Hier tritt nach § 68 FGO die objektive Klageänderung kraft Gesetzes ein, ohne dass es der Einwilligung der Beteiligten oder des Gerichts bedarf (s. § 68 FGO Rz. 3).
  • bei dem Übergang von der Anfechtungsklage zur Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 S. 4 FGO, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt durch Rücknahme, Widerruf, Aufhebung oder in sonstiger Weise erledigt hat[4].
  • bei einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel, wenn auf der

  • für einen Übergang von einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in das Klageverfahren[6].
 

Rz. 4a

§ 67 FGO ist m. E. nicht anwendbar bei einer nachträglichen objektiven Klagehäufung i. S. v. § 73 FGO. Hier liegen mehrere voneinander unabhängige Klagen vor, über die nur gemeinsam verhandelt und entschieden wird (s. auch § 43 FGO Rz. 4). Selbst wenn man mit der BFH-Rechtsprechung von der Anwendbarkeit des § 73 FGO ausgeht (BFH v. 19.4.1977, VII R 44/73, HFR 1977, 486; BFH v. 27.6.1986, V S 6/86, BFH/NV 1987, 778; BFH v. 9.8.1989, II R 145/86, BStBl II 1989, 981; BFH v. 26.8.2009, IV B 95/09, BFH/NV 2010, 47; so auch Schallmoser, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 67 FGO Rz. 17, 18; Stöcker, in Beermann/Gosch, AO, § 67 FGO Rz. 17), wird eine Klageänderung regelmäßig ausscheiden, denn bei fristgebundenen Klagen ist eine Klageänderung, unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 FGO, nur statthaft, wenn nicht nur für das ursprüngliche, sondern auch für das geänderte Klagebegehren die allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen (s. Rz. 13a). Bei der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ist deshalb eine Klageänderung nur innerhalb der Klagefrist zulässig (s. Rz. 13a).

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