Rz. 31

Nach § 62 Abs. 6 S. 5 FGO haben Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an den Bevollmächtigten zu erfolgen, wenn ein solcher für das Verfahren bestellt ist. Das ist der Fall, wenn gegenüber dem Gericht oder den anderen Beteiligten (Rz. 18a) jemand ausdrücklich oder konkludent als Bevollmächtigter gekennzeichnet ist[1]. Damit ist eine Bestellung jedenfalls spätestens immer dann anzunehmen, wenn die Vollmachtsurkunde (Rz. 60) dem Gericht vorliegt[2].

Hat der Beteiligte mehrere Bevollmächtigte (Rz. 9a) bestellt, reicht die Zustellung an einen aus[3]. Dies gilt auch bei erteilten Untervollmachten[4]. Wird an mehrere Bevollmächtigte zugestellt, ist für die Fristenberechnungen auf die zeitlich erste Zustellung abzustellen[5]. Spätere Zustellungen an weitere Bevollmächtigte setzen keine eigenständigen Fristen in Gang[6].

Die Regelung des § 62 Abs. 6 S. 5 FGO gilt nicht für den "Behördenvertreter", der als Amtsträger auftritt (Rz. 13a), wohl aber wenn sich die Behörde eines Bevollmächtigten bedient[7].

 

Rz. 32

Zweck der Regelung ist es, den Prozess in der Hand des Bevollmächtigten zu vereinigen[8]. Deshalb gilt die Regelung nicht nur für förmliche Zustellungen oder Mitteilungen, sondern für sämtliche Äußerungen des Gerichts aus Anlass des Verfahrens[9]. Sie gilt über den Abschluss des eigentlichen Hauptverfahrens hinaus für die gesamte Abwicklung des Verfahrens bis hin zum Wiederaufnahmeverfahren[10].

 

Rz. 33

Die Regelung des § 62 Abs. 6 S. 5 FGO ist zwingend und hat zur Folge, dass mit der Bevollmächtigtenbestellung Zustellungen und Mitteilungen an den Beteiligten selbst grundsätzlich unwirksam sind[11].

Diese Unwirksamkeit greift jedoch nicht ein, wenn das Gericht berechtigte Zweifel an der Wirksamkeit der Bevollmächtigung hat (Rz. 62c) und diese den Beteiligten auch bekannt gibt[12]. Die Bekanntgabe kann nach § 155 FGO i. V. m. § 177 ZPO auch dann an den Beteiligten erfolgen, wenn der Aufenthaltsort des Bevollmächtigten trotz Ermittlungen des Gerichts unbekannt ist[13].

 

Rz. 34

Die Regelung gilt für die Dauer der Bevollmächtigung. Eine wirksame Zustellung an den Bevollmächtigten wird durch einen späteren Widerruf der Vollmacht oder eine Mandatsniederlegung (Rz. 57, 58) nicht berührt[14]. Umgekehrt wird auch eine ordnungsgemäße Ladung des Beteiligten durch eine nachträgliche Bestellung eines Bevollmächtigten nicht berührt[15].

 

Rz. 35

Die wegen Verstoßes gegen § 62 Abs. 6 S. 5 FGO fehlerhafte Zustellung kann grundsätzlich mit Wirkung für die Zukunft durch ordnungsgemäße Zustellung geheilt werden. Sie gilt nach § 9 Abs. 1 VwZG als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem die Zustellung oder die Mitteilung nachweislich zugegangen ist (§ 53 FGO Rz. 70). Allerdings werden nach § 9 Abs. 2 VwZG bestimmte Fristen trotz der Heilung nicht in Gang gesetzt.

 

Rz. 35a

Ergeht während der Geltungsdauer der Bevollmächtigung für die mündliche Verhandlung eine Ladung nur an den Beteiligten und wird der Bevollmächtigte nicht geladen, so stellt diese fehlerhafte Ladung (Rz. 33), wenn der Beteiligte nicht erschienen ist, einen Mangel der Vertretung dar[16]. War ein Beteiligter im finanzgerichtlichen Verfahren nicht vorschriftsmäßig vertreten, so liegt hier eine nach § 119 Nr. 4 FGO stets die Revision begründende Rechtsverletzung vor, außer wenn der Beteiligte der Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat (Rz. 26a). Diesen Verfahrensmangel kann der Beteiligte mit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 116 FGO geltend machen[17].

[1] Rz. 19; vgl. Spindler, in HHSp, AO/FGO, § 62 FGO Rz. 193; Loose, in Tipke/­Kruse, AO/FGO, § 62 FGO Rz. 70; Brandt, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 62 FGO Rz. 264.
[6] BVerwG v. 29.1.1980, 2 B 76/79, NJW 1980, 2269.
[10] BFH v. 3.10.1972, VII B 152/70, BStBl II 1973, 84; BFH v. 4.7.1984, II R 188/82, BStBl II 1984, 831; für die Bekanntgabe der Kostenrechnung an den für den Kostenschuldner auftretenden Prozessbevollmächtigten s. BFH v. 6.5.1998, IX E 2/98, BFH/NV 1999, 46.

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