Rz. 1

Mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten[1] wurde § 52d FGO neu eingefügt. § 52d FGO statuiert eine Pflicht für Rechtsanwälte, Behörden und nach § 62 FGO vertretungsberechtigte Personen, die sich eines dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach[2] vergleichbaren elektronischen Postfachs bedienen können, den elektronischen Rechtsverkehr aktiv zu nutzen. § 52d FGO trat grundsätzlich am 1.1.2022 in Kraft, ggf. in den Ländern und nach Gerichtsbarkeit unterschiedlich bereits am 1.1.2020.[3] Z. B. waren in Bremen seit dem 1.1.2021 Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts im finanzgerichtlichen Verfahren verpflichtet, den elektronischen Rechtsverkehr aktiv zu nutzen.[4]

 

Rz. 2

Da mit § 52a FGO die Einreichung elektronischer Dokumente fakultativ bereits ab 1.1.2018 grundsätzlich möglich war, konnte in einer Übergangsphase bis zur Geltung der Nutzungspflicht des § 52d FGO die technische Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Praxis geprüft und ggf. angepasst werden.[5]

 

Rz. 3

Das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften[6] und die Einrichtung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs als sicherer Übermittlungsweg i. S. d. § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FGO[7] führen zur aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für Steuerberater ab 1.1.2023. Des Weiteren gilt die aktive Nutzungspflicht ab 1.1.2026 auch für nach der FGO vertretungsbefugte Personen, für die ein besonderes elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach nach § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 4 FGO zur Verfügung steht.[8]

 

Rz. 4

Gem. § 52d S. 1 FGO sind Schriftsätze, Anträge und Erklärungen von Rechtsanwälten, Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse als elektronische Dokumente einzureichen. Damit statuiert § 52d S. 1 FGO die Pflicht für die betroffenen Personen, den elektronischen Rechtsverkehr aktiv zu nutzen (aktive Nutzungspflicht).

 

Rz. 5

§ 52d S. 2 FGO erweitert die Nutzungspflicht auf die nach § 62 FGO vertretungsbefugten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung steht.[9] Dies betrifft ab 1.1.2023 auch Steuerberater, da ab diesem Zeitpunkt die Bundessteuerberaterkammer das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) als sicheren Übermittlungsweg i. S. d. § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FGO empfangsbereit einzurichten hat.[10] Ab 1.1.2026 gilt die aktive Nutzungspflicht zusätzlich auch für die nach § 62 Abs. 2 S. 2 FGO vertretungsbefugten Personen, für die ein besonderes elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach nach § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 4 FGO zur Verfügung steht. Ausgenommen sind die nach § 62 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Halbsatz 1 oder Nr. 2 FGO vertretungsbefugten Personen, also diejenigen, die die Prozessvertretung nicht professionell ausüben.[11]

 

Rz. 6

§ 52d S. 3 FGO erlaubt es, Dokumente in herkömmlicher Form einzureichen ("Ersatzeinreichung"), wenn eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Es soll keine Rolle spielen, ob die technische Unmöglichkeit aufseiten des Gerichts oder aufseiten des Einreichers besteht.[12] Sobald festgestellt wird, dass die Übermittlung aus technischen Gründen nicht möglich ist, ist derjenige, in dessen Sphäre die Ursache liegt, gehalten, unverzüglich für Abhilfe zu sorgen. Dies gilt nicht nur für professionelle Einreicher[13], sondern auch für das Gericht. Dies kann praxisrelevant werden, wenn Fristen einzuhalten sind und kurz vor Ablauf einer Frist die Übermittlung aus technischen Gründen nicht funktioniert. Dann soll ein Schriftsatz beispielsweise auch per Telefax eingereicht werden können. In einem solchen Fall muss jedoch der Schriftsatz (einschließlich Unterschrift) vor Fristablauf bei Gericht vollständig eingegangen sein.[14]

 

Rz. 7

§ 52d S. 4 FGO hilft dabei, den elektronischen Rechtsverkehr zu etablieren. Danach ist die vorübergehende Unmöglichkeit der technischen Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach, d. h. ohne schuldhaftes Zögern nach dem Ende der technischen Unmöglichkeit, glaubhaft zu machen und auf Anforderung – des Gerichts – ein elektronisches Dokument nachzureichen.

 

Rz. 8

Übermitteln die nach § 52d FGO Verpflichteten Dokumente nicht als elektronische Dokumente bei Gericht, sind darin enthaltene Prozesshandlungen unwirksam. Reichen daher z. B. Rechtsanwälte ab 1.1.2022 Klagen per Post oder Telefax bei Gericht ein und greift nicht die Ausnahmeregelung nach § 52d S. 3 FGO, ist die Klage unwirksam. Wird dann z. B. nicht rechtzeitig innerhalb der Klagefrist die Klageschrift als elektronisches Dokument übermittelt, ist die Klage grundsätzlich unzulässig. Entsprechendes gilt für Rechtsmittel. Werden elektronische Dokumente trotz Aufforderung durch das Gericht nicht übermittelt, kann dies beispielsweise nach § 79b FGO sankt...

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