Rz. 5

Die Anfechtungsbeschränkung des § 351 Abs. 1 AO stellt eine Sachentscheidungsvoraussetzung des Einspruchsverfahrens für die Anfechtbarkeit von Änderungsbescheiden dar.[1] Die Vorschrift stellt klar, dass Verwaltungsakte nur insoweit eine Beschwer enthalten können, als sie selbst einen Regelungsinhalt haben, der nicht bereits verbindlicher (und unanfechtbarer) Regelungsinhalt eines anderen Verwaltungsaktes war.[2] Bei der Anfechtung eines den ursprünglichen unanfechtbaren (formell bestandskräftigen) Verwaltungsakt abändernden Verwaltungsakts kann der Stpfl. daher grundsätzlich nicht mehr erreichen als die Beseitigung der durch den Änderungs- bzw. Berichtigungsbescheid für ihn eintretenden Schlechterstellung, wobei sich die Anfechtungsbeschränkung auf den Mehrbetrag der Steuer, nicht aber auf dessen Begründung erstreckt.[3] Soweit der Stpfl. einen Änderungsbescheid über die Änderung hinaus angreift, ist der Einspruch insoweit unzulässig und eine etwaige nachfolgende Klage unbegründet.[4] Auch soweit der ursprüngliche Bescheid inhaltlich unrichtig ist, kann der Kläger eine Korrektur im Zuge der Anfechtung des Änderungsbescheids nur noch im Rahmen der Anfechtungsbeschränkung durchsetzen. Die Vollziehung eines Steuerbescheids kann grundsätzlich auch nur in demselben Umfang nach § 69 FGO ausgesetzt werden, in dem er angefochtenen werden kann.[5] Daher greift die Anfechtungsbeschränkung des § 351 Abs. 1 AO auch in den Antragsverfahren auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 AO und auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO.

 

Rz. 6

Maßgebend für die Bestimmung des durch die Anfechtungsbeschränkung vorgegebenen Änderungsrahmens ist grundsätzlich der in Bestandskraft erwachsene Tenor des ursprünglichen Verwaltungsakts. In Bestandskraft erwachsen bei Steuerfestsetzungen nur die festgesetzten Steuerbeträge, weil die Besteuerungsgrundlagen nur einen unselbständigen Teil des Steuerbescheids bilden.[6] Der Änderungsbescheid kann daher nur insoweit angefochten werden, soweit seine Steuerfestsetzung von der des geänderten Steuerbescheids abweicht. Innerhalb dieses Änderungsrahmens können aber auch sämtliche Einwendungen erhoben werden, die bereits gegen den ursprünglichen Steuerbescheid hätten vorgebracht werden können oder auch bereits vorgebracht worden sind[7], sofern hierüber nicht bereits materiell rechtskräftig (durch das FG) entschieden wurde.[8] Bei sog. Feststellungsbescheiden erwachsen demgegenüber allerdings die einzelnen gesonderten Feststellungen (Besteuerungsgrundlagen) in Bestandskraft, soweit sie der Bestandskraft fähig sind.[9]

 

Rz. 7

Im Rahmen des von § 42 FGO i. V. m. § 351 Abs. 1 AO vorgegebenen Änderungsrahmens muss der Kläger eine Rechtsverletzung i. S. des § 40 Abs. 2 FGO geltend machen, was grundsätzlich nur der Fall ist, wenn die angefochtene Änderungsfestsetzung zu einer höheren Steuerfestsetzung als in dem vorangegangenen Bescheid geführt hat[10] oder der vorangegangene Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand.[11]

 
Praxis-Beispiel

Die Anfechtungsbeschränkung betrifft regelmäßig solche Fälle, in denen ein belastender Verwaltungsakt zu Lasten des Stpfl. geändert wird und wegen § 42 FGO i. V. m. § 351 Abs. 1 AO eine Ermäßigung unter den Betrag des ursprünglichen Verwaltungsakts unzulässig ist.[12] Soweit ein begünstigender Verwaltungsakt zulasten des Stpfl. geändert wird, ist die Anfechtung ebenfalls nur bis zur Höhe des ursprünglich festgesetzten Betrags möglich.

Wird ein belastender Verwaltungsakt zugunsten des Stpfl. geändert, kann er eine weitergehende Herabsetzung nicht erreichen, es sei denn, eine entsprechende Änderungsnorm stünde ihm zur Verfügung.[13] Dasselbe gilt für die Fälle, in denen ein begünstigender Verwaltungsakt zugunsten des Stpfl. geändert wird und der Stpfl. eine noch weitergehende Begünstigung erreichen will.

Sofern der Stpfl. nach einer Änderung eines belastenden Verwaltungsakts zu seinen Gunsten eine höhere Steuerfestsetzung begehrt – was die Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen zulässt[14]-, greift die Anfechtungsbeschränkung nach § 42 FGO i. V. m. § 351 Abs. 1 AO ebenfalls.[15] Der ursprünglich bestandskräftig festgesetzte oder festgestellte Betrag darf nicht überschritten werden.

 

Rz. 8

Für die Frage, ob ein vorangegangener Bescheid bereits unanfechtbar ist, kommt es auf den Zeitpunkt des Erlasses des (angefochtenen) Änderungsbescheides an und nicht auf den Zeitpunkt, in dem der Änderungsbescheid angefochten wird. Daher greift die Anfechtungsbeschränkung nicht, wenn der ursprüngliche – vorangegangene – Verwaltungsakt bei Erlass des Änderungsbescheids noch nicht bestandskräftig war.[16] In diesen Fällen verlängert sich infolge der Änderung des ursprünglichen Bescheids faktisch die Rechtsbehelfsfrist.

 

Rz. 9

Die durch die Bestandskraft des ursprünglichen Verwaltungsakts bedingte Anfechtungsbeschränkung greift im Übrigen gem. § 42 FGO i. V. m. § 351 Abs. 1 2. Hs. AO auch dann nicht ein, wenn und soweit sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung...

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