1 Allgemeines zur EU-Amtshilferichtlinie

 

Rz. 1

§ 1 EUAHiG ist die Grundvorschrift, mit der die Richtlinie 2011/16/EU in das innerstaatliche Recht der Bundesrepublik Deutschland eingeführt wird. Die Vorschrift enthält in Abs. 1 eine Art Präambel für den sachlichen Geltungs- und Anwendungsbereich des Gesetzes mit der Grundsatzaussage, dass dieses für jede Art von Steuern gilt, die von einem oder für einen Mitgliedstaat oder dessen Gebiets- oder Verwaltungseinheiten erhoben werden. Abs. 2 der Vorschrift sieht Ausnahmen von der Grundsatzregelung vor. Abs. 3 behält die Anwendbarkeit von Rechtshilfe in Strafsachen und Regelungen einer umfassenderen Zusammenarbeit der Verwaltungen aus anderen Rechtsinstrumenten vor. Abs. 4 bestimmt schließlich, dass für die Amtshilfe nach dem EUAHiG die Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden sind, soweit das EUAHiG keine abweichenden Vorschriften enthält.[1]

2 Sachlicher Geltungsbereich (Abs. 1)

 

Rz. 2

Abs. 1 nennt zunächst das Ziel des Gesetzes, den Austausch von "voraussichtlich erheblichen Informationen in Steuersachen" zwischen Deutschland und den anderen Mitgliedstaaten der EU zu regeln. Eine Definition des Begriffs der voraussichtlichen Erheblichkeit ergibt sich aus § 6a EUAHiG. Die Vorschrift hat insoweit keinen Regelungscharakter, sondern nennt nur das Anliegen, das Programm des Gesetzes. Dieses Programm enthält nicht nur die von der Bundesrepublik Deutschland zu gebende Amtshilfe, sondern auch von ihr in Anspruch genommene Amtshilfe, also auch die Ersuchen um Amtshilfe an andere Mitgliedstaaten der EU. Soweit durch das EUAHiG nicht alle Inhaltsteile der Amtshilfe-Richtlinie 2011/16/EU des Rates v. 15.2.2011 vollständig übernommen sein sollten, kann dem Programmsatz jedoch nicht entnommen werden, dass die über das EUAHiG hinausgehenden Regelungen der Richtlinie 2011/16/EU als transformiert anzusehen sind.

2.1 Voraussichtliche Erheblichkeit

 

Rz. 3

Im Rahmen von S. 1 der Programmvorschrift bildet die Bezugnahme "von voraussichtlich erheblichen Informationen in Steuersachen" eine wichtige Umschreibung des beabsichtigten Informationsaustauschs zwischen den Mitgliedstaaten. Diese Formulierung stammt aus Art. 5a der durch das EUAHiG umgesetzten Amtshilfe-Richtlinie 2011/16/EU[1] und wird in § 6a EUAHiG legal definiert.

[1] I. d. F. der DAC 7 Richtlinie v. 22.3.2021, ABl EU Nr. L 104, 1.

2.2 Betroffene Steuern und Abgaben

2.2.1 Grundsatzregelung

 

Rz. 4

Zum Anwendungsbereich sagt § 1 Abs. 1 S. 2 EUAHiG, dass das Gesetz auf jede Art von Steuern, also auf alle Steuern anzuwenden ist, "die von einem oder für einen Mitgliedstaat" oder dessen Gebietskörperschaften oder anderen "Gebiets- und Verwaltungseinheiten einschließlich der örtlichen Behörden" erhoben werden. Die Amtshilferichtlinie 2011/16/EU spricht von "lokalen Behörden", für die das EUAHiG den Begriff der "örtliche Behörden" angesetzt hat. Mit der Verwendung des Wortes "erhoben" ist im Übrigen keine Beschränkung auf die Stellen gemeint, die für das Erhebungsverfahren i. S. der AO zuständig sind[1], während die lediglich für die Festsetzung der Besteuerungsgrundlagen und/oder Steuern zuständigen Körperschaften aus dem Anwendungsbereich ausscheiden.

Erfasst werden auch Erbschafts- und Schenkungssteuern. Zweifelhaft erscheint es, ob die KiSt hierunter fällt, die in Deutschland von den Finanzbehörden festgesetzt und erhoben wird. Die deutsche Besonderheit ergibt sich aus der Fortgeltung des Art. 137 Weimarer Verfassung. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 S. 2 EUAHiG fallen zumindest die von den Finanzbehörden verwalteten KiSt in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

Die Ausnahmen von der grundsätzlichen Anwendbarkeit auf jede Art von Steuern sind in Abs. 2 des Gesetzes in den Ziffern 1 bis 5 aufgeführt.

[1] Z. B. die Gemeinden für die GrundSt und die GewSt.

2.2.2 Ausnahmen (Abs. 2)

 

Rz. 5

Das EUAHiG ist abweichend von der Grundsatzregelung des Abs. 1 S. 2 auf eine Reihe von Steuern und Abgaben nicht anwendbar. Dies gilt insbesondere für Umsatzsteuern und Zölle, sowie für weitere, abschließend in Abs. 2 aufgelistete Abgaben, für die i. d. R. anderweitige Vorschriften für die Amtshilfe angewandt werden.[1]

2.2.2.1 USt und Einfuhrumsatzsteuer (Abs. 2 Nr. 1)

 

Rz. 6

Die Festsetzung und Erhebung der USt gehörte bereits nach der letzten Fassung des EGAmtshG[1] nicht mehr zum Anwendungsbereich der Amtshilfe. Dies gilt weiterhin, da anstelle der Amtshilferegelung jetzt auch im EUAHiG die USt und die EUSt nicht zum sachlichen Anwendungsbereich des EUAHiG gehören. Für die USt gilt die EU-Zusammenarbeitsverordnung Nr. 904/2010[2] mit der Durchführungsverordnung EU Nr. 79/2012 v. 31.1.2012.[3] Diese Verordnung ist in den Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht, bedurfte also keiner Transformation in nationales Recht. Eine Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) durch die neue Amtshilferegelung schied bereits deswegen aus, weil für die EUSt wie für die Zölle durch völkerrechtliche Vereinbarungen mit den anderen Mitgliedstaaten über die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung der Zollverwaltungen eine Amtshilfe bereits sichergestellt war und ist.

[1] Seit dem 8.12.2004.
[2] ...

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