Rz. 77

Gegen die Ablehnung einer beantragten Auskunft mit der Begründung, die formellen Voraussetzungen seien nicht erfüllt und deshalb bestehe kein Anspruch auf eine Erteilung[1], kann sich der Stpfl. mit dem Einspruch[2] und – nach erfolglosem Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens – mit der Verpflichtungsklage[3] wenden.[4] Gegenstand des Einspruchs- und Klageverfahrens ist in den Fällen einer Ablehnung aus formellen Gründen die Frage, ob die Finanzbehörde zur Erteilung einer verbindlichen Auskunft verpflichtet war, nicht aber auch der Inhalt der begehrten Auskunft.[5]

 

Rz. 78

Die Erteilung einer Negativauskunft, d. h. einer Auskunft, mit welcher sich die Finanzbehörde der Rechtsauffassung eines Antragstellers ganz oder teilweise nicht anschließt[6], stellt nach nahezu einhelliger Meinung ebenfalls einen Verwaltungsakt i. S. d. § 118 Abs. 1 AO dar.[7] Umstritten sind in diesen Fällen nach wie vor die dem Antragsteller zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten sowie der im Klageverfahren von der Finanzgerichtsbarkeit anzulegende Prüfungsmaßstab. Einige Literaturstimmen verneinen bereits eine Beschwer bzw. Klagebefugnis des Antragstellers[8] und verweisen diesen auf eine Überprüfung der finanzbehördlichen Auffassung in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den späteren Steuer- bzw. Feststellungsbescheid. Die Rspr. hat hingegen zutreffend judiziert, dass sich der Antragsteller gegen eine Negativauskunft nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit einer Verpflichtungsklage zur Wehr setzen kann.[9]

 

Rz. 78a

Laut BFH hängt die gerichtliche Kontrolldichte jedoch primär von der Regelungsaussage des Verwaltungsakts ab. Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle einer verbindlichen Auskunft sei lediglich ihre Regelung. Entsprechend der Funktion der verbindlichen Auskunft im Besteuerungsverfahren, dem Antragsteller Planungs- und Entscheidungssicherheit, d. h. Rechtssicherheit hinsichtlich der Einschätzung eines geplanten Sachverhalts durch die Finanzbehörde zu verschaffen, regele die verbindliche Auskunft lediglich, wie die Finanzbehörde eine ihr zur Prüfung vorgelegte hypothetische Gestaltung gegenwärtig beurteilt, nicht aber treffe sie die – dem Steuerbescheid vorbehaltene – endgültige Aussage über die materielle Rechtmäßigkeit einer Steuerfestsetzung.[10]

 

Rz. 78b

Dementsprechend sei die gerichtliche Kontrolle einer verbindlichen Auskunft eingeschränkt. Die FG hätten lediglich zu prüfen, ob die Finanzbehörde den zur Prüfung gestellten Sachverhalt zutreffend erfasst und eine Auskunft erteilt habe, deren Beständigkeit im Festsetzungsverfahren nicht von vornherein infrage steht. Dies bedeute, dass die rechtliche Einordnung des zu beurteilenden Sachverhalts durch die Finanzbehörde in sich schlüssig sein muss und nicht evident rechtsfehlerhaft sein darf (Evidenzprüfung).[11] Es bestehe kein Anspruch auf einen bestimmten rechtmäßigen Inhalt einer verbindlichen Auskunft. Diese diene zwar der Planungssicherheit des Antragstellers. Dies gelte aber nur insoweit, als er die Rechtsauffassung der Finanzbehörde zur Grundlage seiner Entscheidung machen und ggf. absehen kann, inwieweit er die gewünschte steuerliche Behandlung im Wege gerichtlichen Rechtsschutzes durchsetzen muss. Das Institut der verbindlichen Auskunft sei aber nicht darauf ausgerichtet, dem Stpfl. das Prozessrisiko abzunehmen.[12]

 

Rz. 78c

Fraglich bleibt indes, in welchen Fällen die rechtliche Einordnung der Finanzbehörde als evident rechtsfehlerhaft anzusehen ist. Die Rspr. stellt hierzu wiederum sehr hohe Hürden auf.[13] Danach liegt selbst dann eine schlüssige und nicht evident rechtsfehlerhafte Beantwortung des Auskunftsbegehrens vor, wenn die Finanzbehörde eine Negativauskunft (nur) unter Hinweis auf die in einem einschlägigen BMF-Schreiben vertretene Rechtsauffassung erteilt. Es komme insoweit nicht darauf an, ob die darin geäußerte Rechtsauffassung ihrerseits schlüssig und nicht evident rechtsfehlerhaft ist. Im Ergebnis kommt der Finanzverwaltung damit eine Auslegungsprärogative zugute.[14]

 

Rz. 78d

Im Fall der Erteilung einer positiven Auskunft, also einer Auskunft, die den Standpunkt des Antragstellers vollumfänglich betätigt[15], besteht grds. ebenfalls die Möglichkeit, Rechtsschutz im Wege des Einspruchs und ggf. einer Verpflichtungsklage zu suchen. Es dürfte in diesen Fällen aber regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis fehlen.

 

Rz. 78e

Wurde die verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich erteilt[16], so steht jedem Beteiligten gesondert das Rechtsmittel des Einspruchs bei der Auskunft erteilenden Finanzbehörde zu. Aufgrund der einheitlichen Beurteilung des zugrunde liegenden Sachverhalts sind die übrigen Beteiligten zum Einspruchsverfahren nach Maßgabe des § 360 Abs. 3 AO hinzuzuziehen. So ist sichergestellt, dass das Ergebnis der Überprüfung der Auskunft gegenüber allen Beteiligten einheitlich erfolgt.

[1] Vgl. Rz. 62.
[4] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 89 AO Rz. 308; Wagner, in Kühn/v. Wedels...

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