Rz. 14

Durch die Bestellung eines Bevollmächtigten wird die Rechtsstellung des Beteiligten nicht verändert. Er bleibt weiterhin Träger der steuerlichen Rechte und Pflichten. Er verliert durch die Vollmachtserteilung auch nicht seine Handlungsfähigkeit, sondern kann weiter neben oder anstelle des Bevollmächtigten handeln.[1] Er kann Verfahrenshandlungen des Bevollmächtigten korrigieren oder aufheben.[2]

 

Rz. 15

Durch die Vertreterbestellung kann sich der Beteiligte nicht von seinen steuerlichen Pflichten befreien. Die Vollmachtserteilung bewirkt darüber hinaus die Pflicht zur sachgemäßen Auswahl und zur Überwachung des Bevollmächtigten. Dies gilt auch hinsichtlich der Vertretung durch Angehörige der steuerberatenden Berufe. Ein etwaiges Auswahl- oder Überwachungsverschulden des Beteiligten kann straf- oder bußgeldrechtlich relevant sein.[3]

 

Rz. 16

Das Vertreterverhalten wirkt unmittelbar für und gegen den Beteiligten. Der Beteiligte muss sich das Verhalten des Vertreters wie eigenes zurechnen lassen. Daraus folgt auch im finanzbehördlichen Verwaltungsverfahren die grundsätzliche Zurechnung schuldhaften Verhaltens des Bevollmächtigten oder Erfüllungsgehilfen.[4] Dieser aus § 278 BGB folgende Grundsatz des Vertretungsrechts, wie er z. B. in §§ 110 Abs. 1 S. 2, 152 Abs. 1 S. 2 AO besonders kodifiziert ist, gilt auch allgemein, obgleich er in § 80 AO nicht ausdrücklich wiederholt ist.[5] Der Beteiligte kann sich durch die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten oder Erfüllungsgehilfen bei der Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten nicht seiner Verantwortung entziehen.[6]

Die Zurechnung des Vertreterverschuldens setzt allerdings voraus, dass im Zeitpunkt des Verhaltens des Vertreters ein wirksames Vertretungsverhältnis vorliegt.[7]

[1] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 80 AO Rz. 34; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 80 AO Rz. 3, 5.
[2] Vgl. für die Rücknahme des vom Bevollmächtigten eingelegten Einspruchs AEAO zu § 80 Nr. 5.
[3] Vgl. z. B. § 130 OWiG; s. a. die Erläuterungen bei Webel, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, zu § 378 AO.
[5] FG des Saarlandes v. 13.11.1980, II 224/78, EFG 1981, 164; Schleswig-Holsteinisches FG v. 2.4.1981, II 6/81, EFG 1981, 430.
[6] Ebenso für die Zurechnung des Verschuldens im Rahmen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 AO s. Erläuterungen bei G. Frotscher, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, zu § 173 AO; vgl. BFH v. 3.2.1983, IV R 153/80, BStBl II 1983, 324.
[7] BVerwG v. 1.1.1972, IV C 40/72, HFR 1972, 610; FG Düsseldorf v. 5.5.1988, 2 V 79/88, EFG 1988, 451; BFH v. 15.1.1990, X B 95/89, BFH/NV 1991, 74.

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