Rz. 6

Als Dritter ist nach einhelliger Ansicht nur anzusehen, wer an dem Steuerschuldverhältnis nicht selbst beteiligt ist.[1] Dritter ist daher nicht, wer entweder als Vertreter oder Erfüllungsgehilfe des Schuldners leistet oder seine eigene Verpflichtung erfüllt.[2] Ob die Leistung auf eine fremde Schuld oder zur Erfüllung einer eigenen Verpflichtung erfolgt, bestimmt sich nach dem Willen des Leistenden, wie er im Zeitpunkt der Leistung für die Finanzbehörde erkennbar hervortritt.[3] Im Rahmen von Gesamtschuldverhältnissen ist regelmäßig davon auszugehen, dass der leistende Gesamtschuldner (nur) auf seine eigene Schuld und nicht (zugleich) als Dritter auf die Schuld des oder der anderen Gesamtschuldner zahlt.[4] Anders kann es sich allerdings bei der aus der Zusammenveranlagung von Ehegatten zur ESt ergebenden Gesamtschuld verhalten.[5]

Für den Fall der Milch-Garantiemengenabgabe hat der BFH angenommen, dass der zur Erhebung der Abgabe verpflichtete Käufer den erhobenen Betrag nicht für Rechnung des Erzeugers, sondern in Erfüllung seiner eigenen, mit dem Abzug vom Milchentgelt des Erzeugers entstandenen Verpflichtung an das HZA abführte.[6] Unter Berufung darauf hat er in einer späteren Entscheidung die Auffassung vertreten, dass der Arbeitgeber die LSt nicht als Dritter für Rechnung des Arbeitnehmers als Steuerschuldner[7], sondern in Erfüllung der ihn nach § 38 Abs. 3 S. 1 EStG treffenden Steuerentrichtungspflicht auf eigene Rechnung an das FA leiste, sodass die zu Unrecht abgeführte LSt nicht auf die ESt des Arbeitnehmers anzurechnen, sondern dem Arbeitgeber nach § 37 Abs. 2 AO zu erstatten sei.[8] Die Entscheidung ist jedoch nicht verallgemeinerungsfähig, weil sie einen Sonderfall betraf, in dem der Arbeitgeber (versehentlich) LSt abgeführt hatte, ohne dem Arbeitnehmer (im Übrigen) Arbeitslohn gezahlt zu haben. In anderen Fällen leistet der Arbeitgeber auch dann, wenn er eine nicht geschuldete LSt abführt, sowohl aus seiner eigenen Sicht als auch aus derjenigen der Finanzbehörde für Rechnung des Arbeitnehmers.[9] Auch ein Bordellbetreiber, der im Rahmen des sog. Düsseldorfer Verfahrens freiwillig Vorauszahlungen auf die ESt- und USt-Schuld der bei ihm tätigen Prostituierten leistet, erbringt diese Leistungen als Dritter i. S. v. § 48 Abs. 1 AO.[10]

Rz. 7 einstweilen frei

[1] BFH v. 25.7.1995, VII R 71/94, BFH/NV 1996, 92; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 48 AO Rz. 1; Kunz, in Gosch, AO/FGO, § 48 AO Rz. 7; Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl. 2020, § 48 Rz. 3; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 48 Rz. 4.
[2] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 48 AO Rz. 1; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 48 Rz. 4.
[3] Kunz, in Gosch, AO/FGO, § 48 AO Rz. 7; Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl. 2020, § 48 Rz. 3; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 48 Rz. 4.

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