Rz. 1

Die Vorschrift regelt die steuerlichen Folgen unwirksamer Rechtsgeschäfte. Ihre beiden Absätze betreffen allerdings grundverschiedene Sachverhalte.

Abs. 1 regelt den Fall, dass die in einem Rechtsgeschäft getroffene Regelung zivilrechtlich unwirksam ist oder wird, von den Beteiligten aber dennoch befolgt wird. Nach S. 1 richten sich die steuerlichen Folgen in diesem Fall nicht nach der zivilrechtlichen Gültigkeit der Regelung, sondern nach dem tatsächlichen Verhalten der Beteiligten. S. 2 enthält die selbstverständliche[1] Einschränkung, dass dies nicht gilt, soweit die Einzelsteuergesetze abweichende Sonderregelungen treffen.

Abs. 2 betrifft demgegenüber Scheingeschäfte und Scheinhandlungen, deren Wirkungen von den Beteiligten gerade nicht gewollt sind. Diese Scheinakte sind nach S. 1 für die Besteuerung unerheblich. Für den Fall, dass mit einem Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt wird, ordnet S. 2 die Maßgeblichkeit des verdeckten Rechtsgeschäfts an.

 

Rz. 2

§ 41 AO ist ebenso wie § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO und § 40 AO Ausdruck der sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Maßgeblich für die Verwirklichung des Steuertatbestands ist regelmäßig nicht eine bestimmte rechtsgeschäftliche Regelung, sondern das mit ihrem Vollzug verbundene wirtschaftliche Ergebnis.[2] Der in § 41 Abs. 1 S. 1 AO zum Ausdruck kommende Rechtsgrundsatz, dass es für die Zwecke der Besteuerung nicht auf die zivilrechtliche Wirksamkeit, sondern auf den tatsächlichen Vollzug eines Rechtsgeschäfts ankommt, lässt sich auch auf den umgekehrten Fall übertragen, dass die Beteiligten ein wirksames Rechtsgeschäft als unwirksam behandeln. Auch in diesem Fall richten sich die steuerlichen Folgen des Vorgangs regelmäßig nach deren tatsächlichem Verhalten.[3] Etwas anderes gilt nur dann, wenn der maßgebliche Steuertatbestand – wie z. B. § 1 Nr. 1 GrEStG – an den Abschluss des Rechtsgeschäfts als solchen anknüpft.[4]

[1] Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 1 AO Rz. 2.
[2] BFH v. 17.2.2004, VIII R 26/01, BStBl II 2004, 651; BFH v. 17.2.2004, VIII R 28/02, BStBl II 2005, 46; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 41 AO Rz. 1; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 41 AO Rz. 5; Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl. 2020, § 41 Rz. 1; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 41 Rz. 1.
[3] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 41 AO Rz. 3; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 41 AO Rz. 1; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 41 Rz. 1.
[4] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 41 AO Rz. 3; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 41 Rz. 1; a. A. Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 41 AO Rz. 1.

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