Rz. 119

Verwaltungsvorschriften zur Ausübung des Ermessens (sog. ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften) werden für verschiedene Bereiche der Besteuerung erlassen. Sie lenken und binden die Ausübung des den Finanzbehörden eingeräumten Ermessens. Derartige Verwaltungsvorschriften betreffen z. B. die Fristverlängerung zur Abgabe von Steuererklärungen durch einen steuerlichen Berater[1], den Erlass von Säumniszuschlägen aus Billigkeitsgründen oder die Anwendung von Übergangsregelungen bei einer Änderung der Rspr. zulasten des Stpfl. Es gibt eine Vielzahl solcher Verwaltungsvorschriften, die z. T. auch als Billigkeitsregeln mehr oder weniger versteckt in den Richtlinien zu finden sind.

 

Rz. 120

Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften erlangen Bedeutung unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung[2] und damit der Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.[3] Sie binden im Rahmen der Überprüfung der Ermessensentscheidung in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen auch die Gerichte.[4] Dies gilt jedoch nur, wenn sich die Verwaltungsvorschrift innerhalb der vom GG und den einfachen Gesetzen gezogenen Grenzen hält und insbesondere den Anforderungen einer ermessensgerechten Ermessensausübung entspricht[5]; insoweit besteht für die Gerichte eine uneingeschränkte Überprüfungsbefugnis.

 

Rz. 121

Für die Auslegung dieser Verwaltungsvorschriften ist allein maßgebend, wie die Verwaltung eine solche verstanden hat oder verstanden wissen wollte; auf das Verständnis der Verwaltungsvorschrift durch ein FG kommt es nicht an.[6] Die von der Verwaltung geübte Verwaltungspraxis ist Gegenstand tatsächlicher Feststellungen[7] des FG.[8] Das Gericht hat allein zu prüfen, ob die Auslegung der Behörde möglich ist; eine Auslegung der Verwaltungsanweisung durch das Gericht ist ausgeschlossen.[9]

 

Rz. 122

Ist eine Verwaltungsvorschrift nur in einem Bundesland bzw. nicht in allen Bundesländern ergangen, kann die Selbstbindung nicht für solche Bundesländer bestehen, in denen eine solche Regelung nicht getroffen worden ist.[10]

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