1 Grundlagen

 

Rz. 1

Neben der vorsätzlichen Steuerhinterziehung gem. § 370 AO kennt die AO als zentrale Norm im Steuerordnungswidrigkeitenrecht die leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO. Beide Normen schützen den Anspruch des Staates auf den vollen Ertrag jeder einzelnen Steuerart.[1]

Bezüglich des objektiven Tatbestands entspricht der § 378 AO dem § 370 AO, setzt aber im subjektiven Tatbestand nicht Vorsatz voraus, sondern erfasst die leichtfertige[2], d. h. grob fahrlässige Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts.

Ein weiterer Unterschied besteht im Hinblick auf die Rechtsfolge: Im Gegensatz zu § 370 AO, der Geld- oder Freiheitsstrafe vorsieht, ist die leichtfertige Steuerverkürzung (nur) mit Geldbuße bedroht.

Ebenso wie bei § 370 AO handelt es sich auch bei § 378 AO um eine Blankettnorm. Die steuergesetzlichen Bestimmungen werden zum Bestandteil der Bußgeldnorm, da § 378 AO insoweit der Ergänzung bedarf.

Zur Anwendbarkeit des § 378 AO aufgrund spezieller gesetzlicher Zuständigkeitsbestimmungen vgl. Vor §§ 377-384 AO Rz. 3f.

Eine Besonderheit ergibt sich aus der Regelung des § 50e Abs. 2 S. 3 EStG: Danach ist § 378 AO auch bei vorsätzlichem Handeln anwendbar, wenn ein Arbeitgeber bei geringfügigen Beschäftigungen in Privathaushalten seine steuerlichen Pflichten verletzt.

[2] Vgl. Rz. 14ff.

2 Objektiver Tatbestand

 

Rz. 2

Im Hinblick auf den objektiven Tatbestand verweist § 378 Abs. 1 AO bzgl. des Tatobjekts und der Tathandlung vollinhaltlich auf § 370 AO. Eine leichtfertige Steuerverkürzung kann folglich begehen, wer

  • gegenüber der Finanzbehörde unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen macht,
  • die Finanzbehörde pflichtwidrig über solche Umstände in Unkenntnis lässt oder
  • die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern pflichtwidrig unterlässt

und hierdurch den Verkürzungserfolg herbeiführt. Zu den diesbezüglichen Einzelheiten kann auf die Kommentierung zu § 370 AO verwiesen werden; im Hinblick auf Besonderheiten im Zusammenhang mit dem Tätigwerden von steuerlichen Beratern vgl. Rz. 25ff.

 

Rz. 3

Eine Besonderheit im Hinblick auf den objektiven Tatbestand des § 378 AO war jedoch der Streit, ob der dem Stpfl. Hilfe Leistende nach außen in Erscheinung treten müsse.[1]

Für die strafrechtliche Praxis ist dieser Streitstand jedoch durch die Rechtsprechung mittlerweile geklärt. Danach macht derjenige gegenüber der Finanzbehörde keine unrichtigen Angaben, der ausschließlich im Innenverhältnis tätig ist. Folglich erfüllt er auch den Tatbestand der §§ 378, 370 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht.[2] Eine weiter gehende Auslegung des Wortlauts des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ("… wer unrichtige oder unvollständige Angaben macht…") verletzt Art. 103 Abs. 2 GG sowie § 3 OWiG.

Auch wenn der Hilfe Leistende nicht nach außen in Erscheinung tritt, kann sich jedoch eine bußgeldrechtliche Verantwortung aus anderen Normen ergeben; vgl. z. B. für den Fall der unsachgemäßen Buchführung § 379 Abs. 1 Nr. 3 AO.

 

Rz. 4

Es kann jedoch zweifelhaft sein, wann z. B. ein Steuerberater i. S. d. §§ 378, 370 Abs. 1 Nr. 1 AO Angaben macht. Dies ist immer der Fall, wenn er gegenüber dem FA eigene Erklärungen abgibt. Im Rahmen eines bestehenden Mandatsverhältnisses kann dies z. B. durch vom Berater eigenhändig unterschriebene oder mit eigener Kennung elektronisch übersandte Lohn- oder Umsatzsteuervoranmeldungen, ergänzende Begleitschreiben zu Steuererklärungen oder die Beantwortung von Anfragen des FA geschehen.[3] Ein auf der Erklärung angebrachter Mitwirkungsvermerk ist hingegen steuerlich irrelevant und führt nicht dazu, dass der Mitwirkende i. S. d. §§ 378, 370 Abs. 1 Nr. 1 AO Angaben macht.[4]

 

Rz. 5

Ein angestellter oder beauftragter Steuerberater kann den Tatbestand des § 378 AO i. d. R. nicht durch Unterlassen von Angaben verwirklichen.[5] Seine Pflicht zur Aufklärung oder Information des Stpfl. besteht lediglich im Innenverhältnis. Eine Pflicht zur Information der Finanzbehörde besteht hingegen nicht, wie sich auch aus der Strafbewehrung einer solchen Mitteilung durch § 203 StGB ergibt. Auch § 153 AO findet keine Anwendung auf den steuerlichen Berater.[6]

Eine Tatbegehung durch Unterlassen kommt allenfalls bei der eigenverantwortlichen Übernahme der jeweiligen steuerlichen Pflicht in Betracht[7]

[1] Vgl. umfassend zu dieser Problematik Joecks,, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 28ff.; Heuel, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 19ff.
[2] BFH v. 29.10.2013, VIII R 27/10, BStBl II 2014, 295; BayObLG v. 9.11.1993, 4St RR 54/93, wistra 1994, 34, 35; OLG Braunschweig v. 8.3.1996, Ss (B) 100/95, wistra 1996, 319; OLG Zweibrücken v. 23.10.2008, 1 Ss 140/08, wistra 2009, 127f. mit zust. Anm. Weidemann; vgl. auch BGH v. 19.12.1997, 5 StR 569/96, wistra 1998,180, 187; ebenso Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 30 f.; a. A. noch BFH v. 9.12.2002, IV R 37/01, wistra 2003, 312, 313; vgl. auch BFH v. 10.5.2010, I B 160/09, BFH/NV 2010, 1644.
[3] Bülte, in HHSp, AO/FGO, § 378...

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