Rz. 35

Bei der leichtfertigen Steuerverkürzung ist ebenso wie bei der vorsätzlichen Steuerhinterziehung die Möglichkeit einer Selbstanzeige vorgesehen, hier als persönlicher Bußgeldaufhebungsgrund. § 378 Abs. 3 AO enthält insoweit eine besondere Regelung für die leichtfertige Steuerverkürzung, nach der der Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung nicht mit einer Geldbuße belegt wird, soweit er die unrichtigen oder unvollständigen Angaben bei der Finanzbehörde berichtigt, ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, die Gegenstand der Ordnungswidrigkeit sind. Eine wirksame Selbstanzeige i. S. d. § 378 Abs. 3 AO schließt jedoch nicht die Verfolgbarkeit von Ordnungswidrigkeiten nach anderen Vorschriften als § 378 AO aus.[1]

Auch im Bereich der Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 AO wurden mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz mit Wirkung v. 3.5.2011[2] Änderungen vorgenommen, die aber ausschließlich sprachlicher Natur sind. Die im Gesetzgebungsverfahren noch erwogenen inhaltlichen Änderungen[3] wurden in der Folge nicht umgesetzt.

Auch bei den Änderungen zum 1.1.2015[4] handelt es sich nicht um inhaltliche Änderungen. So wurde aufgrund der Änderungen des § 371 Abs. 3 AO[5] in Abs. 3 ein neuer S. 2 eingefügt, da bei der leichtfertigen Steuerhinterziehung keine Hinterziehungszinsen zu zahlen sind, um in den Genuss der Straffreiheit zu kommen, Der Gesetzgeber wollte im Bereich der leichtfertigen Steuerverkürzung den bisherigen Regelungszustand aufrecht erhalten und hat dazu die alte Verweisung auf § 371 Abs. 3 AO durch den neu eingeführten § 378 Abs. 3 S. 2 AO ersetzt. Ferner wurde der bisherige S. 2 des Abs. 3 jetzt zu S. 3.

 

Rz. 36

Im Hinblick auf die positiven Voraussetzungen besteht weitgehende Übereinstimmung mit § 371 AO, sodass

  • der Täter eine Berichtigungserklärung abgeben und
  • ggf. die zu seinen Gunsten verkürzten Steuern nachzahlen muss.

Im Hinblick auf diese Punkte kann weitestgehend auf § 371 AO Rz. 48ff. bzw. § 371 AO Rz. 304ff. verwiesen werden.

 

Rz. 37

Der Wortlaut des § 378 Abs. 3 AO ("soweit") bringt jedoch zum Ausdruck, dass auch bei unbewusster Unvollständigkeit der Berichtigung, Ergänzung und Nachholung die Selbstanzeige wirksam ist. Eine vollständige Berichtigung i. S.e. "reinen Tisches" kann im Rahmen des § 378 Abs. 3 AO nicht verlangt werden, da dem zur Selbstanzeige entschlossenen Täter einer (unbewusst) leichtfertig begangenen Steuerverkürzung das volle Ausmaß seines Pflichtverstoßes nicht notwendigerweise bekannt ist.[6]

Dieses Ergebnis wird auch durch die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt: Gemäß dem ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung[7] sollte das Wort "soweit" in § 378 Abs. 3 AO durch "wenn" ersetzt werden, sodass Teilselbstanzeigen unmöglich geworden wären. In der Endfassung des § 378 Abs. 3 AO ist es jedoch bei "soweit" geblieben, was schon auf der Ebene des Wortlauts den unterschiedlichen Regelungswillen des Gesetzgebers zeigt. Die vor der Änderung des § 371 AO im Jahre 2011 bestehende Gesetzeslage sollte nämlich bestehen bleiben, um z. B. mehrere nicht absehbare Korrekturen von Umsatzsteuervoranmeldungen zu ermöglichen.[8] Diesem Ergebnis kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Regelung des Art. 97 § 24 S. 1 EGAO, wonach vor dem 28.4.2011 abgegebene Teilselbstanzeigen nach § 371 AO wirksam sind, gem. Art. 97 § 24 S. 2 EGAO auch auf Teilselbstanzeigen nach § 378 Abs. 3 AO anwendbar ist. Daraus den Umkehrschluss zu ziehen, dass sie nach dem 28.4.2011 unwirksam sind, überzeugt nicht, da sich der Wortlaut und Regelungsgehalt des Art. 97 § 24 S. 2 EGAO noch auf den obigen ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung bezieht, der aber im späteren Gesetzgebungsverfahren nicht umgesetzt wurde.[9]

 

Rz. 38

Fraglich ist allerdings, ob auch bewusst unvollständige Selbstanzeigen im Rahmen des § 378 Abs. 3 AO – anders als bei § 371 AO[10] – wirksam sind. Gem. § 24 S. 1 EGAO gilt für bis zum 28.4.2011 abgegebene Selbstanzeigen die a. F. des § 371 AO mit der Maßgabe, dass entgegen der Rechtsprechung des BGH v. 20.5.2010[11] Teilselbstanzeigen wirksam sind. Das Gleiche soll gem. § 24 S. 2 EGAO im Fall der leichtfertigen Steuerverkürzung für die Anwendung des § 378 Abs. 3 AO gelten. Insoweit entsteht der Eindruck, dass ab dem 28.4.2011 auch im Hinblick auf § 378 AO Teilselbstanzeigen ausgeschlossen sein sollen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass § 24 S. 2 EGAO sich auf die Ursprungsfassung des Entwurfs der Bundesregierung[12] bezog, nach dem die Möglichkeit der Teilselbstanzeige mittels Einfügung eines "wenn" statt des "soweit" beseitigt werden sollte. In der aktuellen Fassung des § 378 Abs. 3 AO wurde jedoch – anders als bei § 371 AO – der Wortlaut "soweit" beibehalten. Dieser unterschiedlichen sprachlichen Fassung von § 371 AO und § 378 AO ist ein unterschiedlicher Regelungswille zu entnehmen. Im Hinblick auf § 378 AO sollte es bei der "bestehenden Gesetzeslage" bleiben.[13] Folglich ist im Rahmen des § 378 Abs. 3 AO weiterhin eine Teilselbstanzeige möglich, sodass auch im Fall einer bewusst...

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