Rz. 95

Die Verzichtserklärung wird – soweit sie die genannten persönlichen, formellen, inhaltlichen und zeitlichen Voraussetzungen des § 354 AO erfüllt (s. Rz. 5ff.) – mit dem Zugang bei der zuständigen Finanzbehörde wirksam. Sie muss also mit Wissen und Wollen des Stpfl. tatsächlich in den Verfügungsbereich der Finanzbehörde gelangen.[1]

 

Rz. 96

Der Einspruchsverzicht bewirkt nach § 354 Abs. 1 S. 3 AO, dass ein Einspruch, der trotzdem eingelegt wird, unzulässig ist.[2] Er ist demgemäß nach § 358 S. 2 AO als unzulässig zu verwerfen.

Der wirksame Einspruchsverzicht führt demgemäß zum Verlust des Einspruchsrechts. Die Unzulässigkeit des Einspruchs gegen den Verwaltungsakt hat insoweit dessen Unanfechtbarkeit und demgemäß dessen Bestandskraft im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verzichtserklärung zur Folge.[3]

 

Rz. 97

Ein wirksam nach § 354 Abs. 1a AO erklärter "Teilverzicht" im Zusammenhang mit einem internationalen Verständigungs- oder Schlichtungsverfahren führt zu einer Teilbestandskraft des Verwaltungsakts in dem Umfang, auf den sich die wirksame Verzichtserklärung bezieht.[4]

Wird der Verwaltungsakt nach einem (wirksamen) Teilverzicht angefochten, so können nur Einwendungen gegen Sachverhalte erhoben werden, die von dem zwischenstaatlichen Verfahren nicht berührt werden und die nicht im Rahmen des (wirksamen) Teilverzichts bezeichnet wurden. Allerdings kann der Stpfl. Einwendungen dahingehend erheben, dass die Finanzbehörde die Ergebnisse der Verständigungsvereinbarung oder des Schiedsspruchs nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat. Werden dagegen trotz des Teilverzichts darüber hinausgehende Einwendungen hinsichtlich der von diesem betroffenen Besteuerungsgrundlagen erhoben, ist dies als Geltendmachung der Unwirksamkeit des Verzichts nach § 354 Abs. 2 AO auszulegen. Hierüber entscheidet die Finanzbehörde im Rahmen der Einspruchsentscheidung, die auch als "Teil-Einspruchsentscheidung" nach § 367 Abs. 2a AO ergehen kann. Liegen keine Gründe für eine Unwirksamkeit des Teilverzichts vor, ist der Einspruch insoweit nach § 358 S. 2 AO als unzulässig zu verwerfen.

 

Rz. 98

Der Einspruchsverzicht bezieht sich nur auf den Verwaltungsakt, nach dessen Erlass – dessen Erlass – bzw. in den Fällen des § 354 Abs. 1b AO vor dessen Erlass – der Verzicht erklärt wurde. Trotz des Verzichts kann der Verwaltungsakt nach den Vorschriften der §§ 164, 165, 172ff. AO geändert werden.[5]

Wird der Verwaltungsakt geändert, so gilt der Einspruchsverzicht nicht auch für den Änderungsbescheid.[6] Soll der Einspruchsverzicht auch hinsichtlich des Änderungsbescheids gelten, muss dies ausdrücklich nach dessen Erlass erklärt werden. Wurde auf einen Einspruch gegen einen Grundlagenbescheid verzichtet, schließt das die Einlegung eines Einspruchs gegen den Folgebescheid nicht aus.[7]

 

Rz. 99

Der Einspruchsverzicht bindet nur den Verzichtenden, hindert also andere Personen, die hierzu befugt sind, also nicht an der Einlegung eines Einspruchs, solange und soweit diese nicht auch selbst einen Verzicht erklärt haben.[8] Der Einspruchsverzicht schließt aber nicht aus, dass der Verzichtende nach § 360 AO zu dem Einspruchsverfahren eines anderen Stpfl. hinzugezogen wird.[9]

 

Rz. 100

Auch wenn der Verwaltungsakt nichtig ist, führt der erklärte Verzicht auf den Einspruch zu dessen Unzulässigkeit. Trotzdem ist der nichtige Verwaltungsakt nach § 124 Abs. 3 AO unwirksam. Die Nichtigkeit des Verwaltungsakts kann trotz des Einspruchsverzichts geltend gemacht und die Aufhebung des Verwaltungsakts beantragt werden.[10] Auch die Erhebung einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit ist möglich.

 

Rz. 101

Verzichtet der Stpfl. bei der Abgabe einer Steueranmeldung für den Fall, dass die Steuer nicht abweichend von der Steueranmeldung festgesetzt wird, auf die Einspruchseinlegung, tritt nach § 168 S. 1 AO automatisch die Festsetzung der Steuer in der selbst errechneten Höhe unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ein. Die Steuerfestsetzung wird durch den Verzicht zwar sofort bestandskräftig. Ein Antrag auf Änderung oder Aufhebung der Festsetzung nach § 164 Abs. 2 AO ist aber weiterhin möglich.[11] Weicht das FA dagegen von der Steueranmeldung ab und setzt die Steuer nach §§ 167 Abs. 1 S. 1, 155 AO durch Steuerbescheid fest, ist die mit dem Verzicht zu erklärende Bedingung nicht erfüllt und der zunächst erklärte Verzicht wird unwirksam.[12]

 

Rz. 102

Da das Einspruchsverfahren nach § 44 Abs. 1 FGO regelmäßig ein notwendiges Vorverfahren des finanzgerichtlichen Klageverfahrens ist, bewirkt der Einspruchsverzicht sogleich auch insoweit einen Verlust der finanzgerichtlichen Klage. Unterbleibt infolge der Verzichtserklärung die Einlegung des Einspruchs und damit auch eine Einspruchsentscheidung, fehlt es an diesem Vorverfahren mit der Folge, dass eine dennoch erhobene Klage als unzulässig abzuweisen ist. Wird trotz der wirksamen Verzichtserklärung Einspruch eingelegt und dieser durch Einspruchsentscheidung als unzulässig verworfen, ist eine hiergegen erhobene Klage wegen der eingetretenen Besta...

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