1 Allgemeines

1.1 Inhalt und Bedeutung

 

Rz. 1

§ 278 AO regelt die Wirkungen der Aufteilung auf die Vollstreckung. Abs. 1 enthält die grundsätzliche Beschränkung der Vollstreckung gegen den einzelnen Gesamtschuldner auf den Teil der Gesamtschuld, der nach der Aufteilung auf ihn entfällt. Abs. 2 S. 1 sieht eine Erweiterung der Inanspruchnahme für den Fall unentgeltlicher Zuwendungen von einem Gesamtschuldner auf den anderen vor. Hierdurch soll eine Vereitelung der Zwangsvollstreckung durch Vermögensverschiebungen zwischen den Gesamtschuldnern verhindert werden. Abs. 2 S. 2 nimmt gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke von dieser Regelung aus.

1.2 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

§ 278 AO gilt sowohl für die Aufteilung der veranlagten Steuer als auch für die Aufteilung von Vorauszahlungen und Steuernachforderungen.

1.3 Verhältnis zu anderen Vorschriften

 

Rz. 3

Da § 278 Abs. 1 AO nur die Vollstreckung aus dem im Wege der Zusammenveranlagung ergangenen Steuerbescheid beschränkt, wird der Erlass eines Haftungsbescheids nach § 71 AO gegen den Mittäter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung nicht dadurch ausgeschlossen, dass wegen der Aufteilung der Steuerschuld nach § 278 Abs. 1 AO gegen diesen nicht als Steuerschuldner vollstreckt werden kann.[1]

Die Anwendungsbereiche der §§ 277 und 278 Abs. 1 AO werden dadurch voneinander abgegrenzt, dass § 277 AO die Vollstreckung bis zur unanfechtbaren Entscheidung über den Aufteilungsantrag beschränkt, während § 278 Abs. 1 AO die Vollstreckung nach der Aufteilung regelt. In ihren Rechtsfolgen unterscheiden sich die Vorschriften dadurch, dass § 277 AO die Art der zulässigen Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber allen Gesamtschuldnern beschränkt, während § 278 Abs. 1 AO Vollstreckungsmaßnahmen aller Art erlaubt, die Vollstreckung gegenüber den einzelnen Gesamtschuldnern der Höhe nach aber auf die nach der Aufteilung auf sie entfallenden Beträge beschränkt.

Im Fall unentgeltlicher Vermögensverschiebungen zwischen den Gesamtschuldnern begründet § 278 Abs. 2 S. 1 AO eine dem Anfechtungsgrund des § 3 Abs. 1 AnfG entsprechende gesetzliche Duldungspflicht des Zuwendungsempfängers für den auf den Zuwendenden entfallenden Anteil an der Steuerschuld. Da § 278 Abs. 2 AO anders als § 3 Abs. 1 AnfG keine Gläubigerbenachteiligungsabsicht voraussetzt, können Zuwendungen zwischen zusammen veranlagten Eheleuten vom FA unter erleichterten Voraussetzungen angefochten werden.[2] Ein auf das Anfechtungsgesetz gestützter Duldungsbescheid nach § 191 Abs. 1 AO, der die Duldung der Vollstreckung in das übertragene Eigentum erlaubt, kann einen solchen nach § 278 Abs. 2 AO enthalten.[3]

Die Anfechtungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters nach der Insolvenzordnung werden durch § 278 Abs. 2 AO nicht berührt. Umgekehrt hindert die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesamtschuldners nicht die Anwendung des § 278 Abs. 2 AO hinsichtlich des anderen, nicht vom Insolvenzverfahren betroffenen Gesamtschuldners.[4]

2 Beschränkung der Vollstreckung (Abs. 1)

 

Rz. 4

Gemäß § 278 Abs. 1 AO darf die Vollstreckung nach der Aufteilung nur nach Maßgabe der auf die einzelnen Schuldner entfallenden Beträge durchgeführt werden. Die Aufteilung tritt nicht bereits mit dem Wirksamwerden, sondern erst mit der Unanfechtbarkeit der Aufteilungsentscheidung ein. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift, folgt aber aus dem systematischen Zusammenhang mit § 277 AO, der die Beschränkung der Vollstreckung bis zur Unanfechtbarkeit der Aufteilungsentscheidung auf Maßnahmen zur Sicherung des Steueranspruchs beschränkt.[1]

Die Durchführung der Vollstreckung nur nach Maßgabe der auf die einzelnen Schuldner entfallenden Beträge bedeutet keine Aufteilung der Gesamtschuld in Teilschulden. Die Gesamtschuld bleibt grundsätzlich bestehen.[2] Die Vollstreckung wird aber gegen jeden Gesamtschuldner der Höhe nach auf den im Aufteilungsbescheid angegebenen anteiligen Steuerbetrag beschränkt.[3] Damit wirkt die Aufteilung wie die teilweise Tilgung der Steuerschuld, die auf den Fortgang der Vollstreckung des noch nicht getilgten Teils der Schuld keinen Einfluss hat.[4] Daher ist kein neues, eingeschränktes Leistungsgebot erforderlich.[5]

 

Rz. 5

Neue Vollstreckungsmaßnahmen dürfen gegen den einzelnen Gesamtschuldner nur noch wegen des auf ihn entfallenden Aufteilungsbetrags ergriffen werden.

Bereits früher getroffene Vollstreckungsmaßnahmen müssen aufgehoben werden, soweit sie über den auf den jeweiligen Gesamtschuldner entfallenden Aufteilungsbetrag[6] hinausgehen. Die Aufhebungspflicht erstreckt sich auch auf die nach § 277 AO getroffenen Sicherungsmaßnahmen. So ist z. B. eine Zwangshypothek hinsichtlich des überschießenden Betrags zu löschen.[7] Darüber hinaus verliert eine vom FA vor dem Aufteilungsantrag, aber nach Einleitung der Vollstreckung erklärte Aufrechnung insoweit ihre Wirkung, als sie den auf den Aufrechnungsgegner entfallenden Aufteilungsbetrag übe...

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