Rz. 27

§ 772 ZPO normiert die Möglichkeit einer Widerspruchsklage bei einem Veräußerungsverbot. Nach dieser Bestimmung soll, solange ein Veräußerungsverbot nach §§ 135, 136 BGB besteht, ein Gegenstand, auf den es sich bezieht, wegen eines persönlichen Anspruchs oder aufgrund eines infolge des Verbots unwirksamen Rechts nicht im Weg der Zwangsvollstreckung veräußert oder überwiesen werden. Aufgrund des Veräußerungsverbots kann nach Maßgabe des § 771 ZPO Widerspruch erhoben werden.

 

Rz. 28

§ 772 ZPO, der hier einen Widerspruch nach Abs. 1 S. 1 und nicht nach § 771 ZPO begründet, betrifft wegen des Zitats der §§ 135, 136 BGB nur die sogenannten relativen Veräußerungsverbote.[1] Diese bestehen ausschließlich zum Schutz bestimmter Personen, während die absoluten Veräußerungsverbote gegenüber jedermann gelten. Die gesetzlichen Veräußerungsverbote nach § 135 BGB sind in der Praxis von geringer Bedeutung, da nach h. M. weder die Fälle der §§ 399, 717, 719 und 1130 BGB noch die Verfügungsbeschränkungen der Ehegatten[2], bei Verfügung über das Gesamtgut im Ganzen[3], der Eltern[4], des Vormunds[5] und der Erben im Fall der Testamentsvollstreckung[6] hierunter fallen.[7] Bei ihnen soll es sich um absolute Veräußerungsverbote handeln, die zu den die Veräußerung hindernden Rechten gehören.[8]

 

Rz. 29

Die gerichtlichen und behördlichen Veräußerungsverbote gem. § 136 BGB führen wie die seltener vorkommenden gesetzlichen Veräußerungsverbote nach § 135 BGB zur Widerspruchsmöglichkeit. Es handelt sich um die zum Schutz bestimmter Personen von einem Gericht oder einer Behörde angeordneten Veräußerungsverbote, z. B. die Beschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren[9], das gerichtliche Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO, die Pfandrechte nach §§ 804, 826, 829 und 857 ZPO.[10] Die einstweilige Verfügung gem. § 938 Abs. 2 ZPO enthält ebenfalls ein gerichtliches Veräußerungsverbot.[11]

 

Rz. 30

Das relative Veräußerungsverbot wirkt nur, wenn es geltend gemacht wird. Der Widerspruch gibt dabei der geschützten Person nur das Recht hinsichtlich der Veräußerung oder Überweisung, nicht aber auch hinsichtlich einer Pfändung bzw. Eintragung einer Zwangshypothek.[12]

[1] Herget, in Stöber, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 772 ZPO Rz. 2.
[7] Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 262 AO Rz. 20f.; Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, §§ 135, 136 BGB Rz. 2.
[8] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 262 AO Rz. 17; s. auch Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 262 AO Rz. 30; Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 772 ZPO Rz. 1ff.
[10] In der AO entsprechend §§ 282, 307, 309, 314, 321 AO.
[11] Vollkommer, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 938 ZPO Rz. 12.
[12] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 262 AO Rz. 19.

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