Rz. 6

§ 224 Abs. 2 AO bestimmt, zu welchem Zeitpunkt die Wirkungen der Zahlung eintreten. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen den einzelnen Zahlungswegen. Sinn und Zweck der Regelung ist es insbesondere, durch eine klare Regelung die Berechnung von Zinsen und Säumniszuschlägen zu erleichtern. Dies geschieht zum Teil durch Klarstellung, zum Teil – nämlich bei Zahlung per Scheck und per Einzugsermächtigung – aber auch durch die Regelung fingierter Zahlungszeitpunkte.[1]

§ 224 Abs. 2 AO regelt ausschließlich einen Zahlungszeitpunkt, aber keine Erfüllungsfiktion. Der durch § 224 Abs. 2 AO geregelte Zahlungszeitpunkt ist daher nicht zwingend auch der Zeitpunkt, zu dem der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis gem. § 47 AO erlischt.[2] Unabhängig vom gewählten Zahlungsweg ändert eine unrichtige Verbuchung seitens der Finanzkasse nichts an der Zahlungswirkung.[3] Hat allerdings der Zahlende erforderliche Angaben nicht oder unrichtig gemacht (etwa keine oder eine falsche Steuernummer angegeben), tritt die Zahlungswirkung nur dann sofort ein, wenn Steuerschuldner und erfüllter Steueranspruch wenigstens durch Auslegung zu ermitteln sind, sonst erst mit Nachholung der erforderlichen (korrekten) Angaben.[4]

 

Rz. 7

Bei Übergabe oder Übersendung von Bargeld[5] gilt eine Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1 AO am Tag deren Eingangs entrichtet. Erfolgt die Zahlung durch Übergabe von Zahlungsmitteln an einen berechtigten Amtsträger außerhalb des Kassenraums, gilt der Zeitpunkt der Übergabe als Zahlung. Die dreitägige Schonfrist bei Säumniszuschlägen[6] gilt im Falle der hier behandelten Barzahlung ausdrücklich nicht.[7]

 

Rz. 8

Bei Übergabe oder Übersendung eines Schecks[8] gilt die entsprechende Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1 AO drei Tage nach dem Tag des Eingangs des Schecks als geleistet. Die 3-Tage-Fiktion ist eine Frist i. S. des § 108 Abs. 3 AO, sodass bei Fristende an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag die Zahlung am darauffolgenden Werktag als geleistet gilt.[9] Die hier behandelte Zahlungswirkung bei Zahlung per Scheck tritt allerdings nur ein, wenn die Finanzkasse den Scheck annimmt und die bezogene Bank ihn später einlöst und damit Erfüllung eintritt.[10]

Die generalisierende 3-Tage-Regelung greift auch dann, wenn die Finanzbehörde tatsächlich schon früher oder erst später über den Zahlbetrag verfügen kann; eine korrigierende Auslegung des § 224 Abs. 2 Nr. 1 AO, wonach die Zahlung spätestens drei Tage nach Scheckeingang als bewirkt gilt, die Zahlungswirkung aber früher eintritt, wenn das FA schon früher über den Zahlbetrag verfügen kann, hat der BFH ausdrücklich abgelehnt; im Streitfall hatte dies die Entstehung eines Säumniszuschlags zur Folge.[11] Wie im Falle der Barzahlung (s. o. Rz. 7) gilt die dreitägige Schonfrist bei Säumniszuschlägen[12] im Falle der hier behandelten Zahlung per Scheck ausdrücklich nicht.[13] Ein Scheck muss daher bereits drei Tage vor Fälligkeit der Schuld übergeben werden oder so rechtzeitig übersandt werden, dass er drei Tage vor Fälligkeit bei der Finanzbehörde eingeht.

 

Rz. 9

Eine Zahlung durch Überweisung gilt nach § 224 Abs. 2 Nr. 2 AO als an dem Tag geleistet, an dem der Betrag der Finanzbehörde gutgeschrieben wird; dasselbe gilt bei Einzahlung auf ein Konto der Finanzbehörde und bei Einzahlung mit Zahlschein. Die Zahlungswirkung am Tag der Gutschrift auf dem Empfängerkonto bedeutet, dass es auf den – davon im Einzelfall abweichenden – Buchungstag bei der Empfängerbank nicht ankommt; erst recht tritt die Zahlungswirkung nicht schon mit der Erteilung eines Überweisungsauftrags oder der Buchung oder Wertstellung bei der Bank des Zahlenden ein.[14]

 

Rz. 10

Ist eine Einzugsermächtigung erteilt, gilt nach § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO als Zahlungstag der Tag der Fälligkeit. Dies ist sachgerecht, da es allein in der Hand der Finanzbehörde liegt, von der Einzugsermächtigung (rechtzeitig) Gebrauch zu machen. Dies gilt allerdings nur, wenn das Konto eine ausreichende Deckung aufweist; ist dies bei Fälligkeit nicht der Fall, tritt die Zahlungswirkung nicht ein.[15]

Die Fiktion der Zahlung am Fälligkeitstag bedeutet nicht, dass an diesem Tag zwingend auch die Steuerverbindlichkeit erlischt (dazu, dass § 224 Abs. 2 AO generell nur einen Zahlungszeitpunkt regelt, aber keine Erfüllung fingiert, s. Rz. 6). Bei erteilter Einzugsermächtigung kann der Erfüllungseintritt insbesondere daran scheitern, dass die Belastungsbuchung infolge eines Widerspruchs des Kontoinhabers nicht wirksam wird.[16]

[1] Die in § 224 Abs. 2 AO geregelten Fiktionen sind unwiderleglich, s. für die Zahlung per Scheck BFH v. 28.8.2012, VII R 71/11, BFH/NV 2013, 102, BStBl II 2013, 103.
[2] BFH v. 22.11.2017, XI R 14/16, BStBl II 2018, 455; FG Hamburg v. 22.5.1997, II 137/96, Haufe-Index HI979458; vgl. zum Ganzen auch Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 224 AO Rz. 15.
[3] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 224 AO Rz. 18; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 224 Rn. 9.
[4] Alber, in HHSP, AO/FGO, § 224 AO Rz. 39; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 224...

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