1 Grundlagen

 

Rz. 1

Der Zahlungsaufschub ist ein spezielles Rechtsinstitut des Zoll- und Verbrauchsteuerrechts. Zölle und Verbrauchsteuern werden grundsätzlich den "indirekten Steuern" zugeordnet[1]. Bei indirekten Steuern soll die Steuerlast grundsätzlich den Verbraucher treffen. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit und der Verwaltungskostenbegrenzung werden die indirekten Steuern jedoch beim Hersteller oder Händler als Steuerschuldner erhoben. Zum Wesensmerkmal der indirekten Steuern gehört, dass dem Steuerschuldner zumindest die Möglichkeit eingeräumt wird, die Steuern auf den Verbraucher abzuwälzen, bevor der Steueranspruch fällig wird.

 

Rz. 2

Das Rechtsinstitut des Zahlungsaufschubs führt zu einer Verschiebung der Fälligkeit des Steueranspruchs. Die gesetzlich eingetretene Fälligkeit eines Steueranspruchs wird auf einen späteren Zeitpunkt, zu dem ein Absatz der Ware mit Überwälzung des Steueranspruchs erfolgen konnte, hinausgeschoben. Der Zahlungsaufschub überbrückt so den Zeitraum zwischen gesetzlicher Fälligkeit der Steuer und Absatz der Ware.

 

Rz. 3

In den Verbrauchsteuergesetzen wird dies überwiegend durch die gesetzliche Festlegung längerer Fälligkeitsfristen erreicht (s. Rz. 9). Im Verbrauchsteuerrecht kann nur in dem Ausnahmefall des § 138 Abs. 5 BranntwMonG und bei Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Ware nach den Art. 224 bis 227 ZK der Zahlungsaufschub gewährt werden.

 

Rz. 4

§ 223 ist für den Zahlungsaufschub lediglich eine Rahmenvorschrift ohne Regelungsinhalt. Obwohl der Wortlaut des Gesetzes, über die Verweisungsfunktion hinaus, den Aufschub auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung nennt, sind diese beiden Merkmale keine zwingende Voraussetzung für den Zahlungsaufschub. Die Formulierung "soweit die Steuergesetze dies bestimmen" deutet darauf hin, dass die Voraussetzungen und das Verfahren der Regelung in den Einzelsteuergesetzen vorbehalten bleiben. Wie andere Verweisungsnormen auch (z. B. §§ 38, 43) enthält § 223 keinen eigenen Regelungsinhalt, sondern überlässt die Regelung den Einzelsteuergesetzen, in denen nach Bedarf der jeweiligen Steuerart entsprechende Regelungen getroffen werden. Auch der Wortlaut des § 223, "kann" Zahlungsaufschub gewährt werden, indiziert kein Ermessen der Finanzbehörde, sondern ist Ausdruck dafür, dass es sich nur um eine Verweisungsvorschrift auf die Einzelsteuergesetze handelt, in denen eine Festlegung auf einen Rechtsanspruch auf Zahlungsaufschub oder auf fehlerfreie Ermessensausübung erfolgt[2].

 

Rz. 5

Art. 224 ZK gewährt einen Rechtsanspruch auf Zahlungsaufschub unter den Voraussetzungen der Art. 225—227 ZK. Ermessen wird der Zollbehörde in Art. 226 ZK nur bei der Auswahl der Art des zu gewährenden Zahlungsaufschubs eingeräumt (s. Rz. 27). Kein Ermessensspielraum steht der Zollbehörde nach § 138 Abs. 5 BranntwMonG zu. Der Fälligkeitstermin der Branntweinsteuer "wird" auf den 25. Tag des zweiten auf die Steuerentstehung folgenden Monats festgesetzt. Für die EUSt verweist § 21 Abs. 2 UStG auf die sinngemäße Anwendung der Zollvorschriften, sodass grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Einräumung des Zahlungsaufschubs besteht. Ermessen steht der Zollbehörde bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 UStG bei der Frage zu, ob auf eine Sicherheitsleistung verzichtet werden kann. Für den Beteiligten besteht grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Gewährung des Zahlungsaufschubs[3].

[1] Kritisch Birk, Steuerrecht I, § 6 Rz. 2ff.; Förster, in Birk, Handbuch des Europäischen Steuer- und Abgabenrechts, § 28 Rz. 2f..
[2] Kock, in Beermann, AO, § 223 Rz. 4; Tipke/Kruse, AO, § 223 Rz. 8; Teichner, in Koch/Scholtz, AO, § 223 Rz. 5.
[3] BGH v. 9.10.78, VIII ZR 121/77, NJW 1979, 159; zum Widerruf ohne vorherige Ankündigung BFH v. 12.5.1970, VII R 54/67, BStBl II 1970, 634.

2 Anwendungsbereich

 

Rz. 6

Der Zahlungsaufschub ist für Zölle in Art. 224—227 ZK[1] geregelt. Für den geschuldeten Abgabenbetrag kann auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung Zahlungsaufschub von grundsätzlich 30 Tagen gewährt werden. Die Einzelheiten der Verwaltungspraxis für die Gewährung des Zahlungsaufschubs ergeben sich aus den Aufschubbestimmungen der Dienstanweisung des BMF (VSF Z 0914).

 

Rz. 7

Das Abschöpfungserhebungsgesetz enthielt für die Erhebung von Abschöpfungen eine Verweisung auf die Zollvorschriften (§ 2 Abs. 1 AbschG). Abschöpfungen sind seit dem 1.7.1995 in Zölle umgewandelt worden; das AbschG ist durch Gesetz v. 20.12.1996[2] aufgehoben worden.

 

Rz. 8

Für Verbrauchsteuern, die durch Einfuhr von Waren aus einem Drittland entstehen, gelten nach § 13 Abs. 1 BierStG, § 147 Abs. 1 BranntwMonG, § 13 Abs. 1 KaffeeStG, § 23 MinöStG, § 17 Abs. 1 SchaumwZwStG, § 21 TabStG für die Fälligkeit die Vorschriften für Zölle sinngemäß. Der Zahlungsaufschub nach Art. 224—227 ZK kann bei der Einfuhr von Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft für die entstandene Verbrauchsteuer gewährt werden.

 

Rz. 9

Die Verbrauchsteuergesetze enthalten Regelungen, in denen der Tag der Fälligkeit ­eines entstandenen Verbrauchsteueranspruchs genannt wird: § 9 Abs. 1 BierStG (20...

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