Rz. 4

Über eine Außenprüfung ergeht eine (einheitliche) Prüfungsanordnung. Der Rahmen der Außenprüfung ist durch § 194 Abs. 1 AO gezogen, die einheitliche Außenprüfung kann daher mehrere Besteuerungsarten und Besteuerungszeiträume umfassen. Entsprechend werden in der einheitlichen Außenprüfungsanordnung auch mehrere Steuerarten und Besteuerungszeiträume erfasst. Die Gegenmeinung[1] läuft auf eine "Atomisierung" der Außenprüfung hinaus, die vom Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckt ist. § 194 Abs. 1 AO sieht ausdrücklich die Erfassung mehrerer Besteuerungszeiträume und Steuerarten in einer Außenprüfung vor, während die Gegenmeinung im Ergebnis zu der Annahme führt, dass für jede Steuerart und jeden Besteuerungszeitraum eine selbstständige Außenprüfung stattfindet und hierüber eine selbstständige, wenn auch in einer Urkunde zusammengefasste, Prüfungsanordnung ergeht. Die Frage hat Bedeutung z. B. für die Hemmung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 AO. Während nach der Gegenmeinung erforderlich wäre, dass mit der Prüfung jeder Steuerart und jedes Veranlagungszeitraums (tatsächlich) begonnen wurde, um die Festsetzungsfrist zu hemmen, genügt es nach der hier vertretenen Auffassung, dass mit der Prüfung einer Steuerart und eines Besteuerungszeitraums begonnen wurde, um die Festsetzungsfrist im vollen Umfang der Prüfungsanordnung zu hemmen.

 

Rz. 4a

Wenn auch die Prüfungsanordnung hinsichtlich aller dort zu treffenden Entscheidungen ein einheitlicher Verwaltungsakt ist, hat sie doch einen teilbaren Inhalt. In diesem Sinn ist die Anordnung der Außenprüfung für jeden Besteuerungszeitraum und jede Steuerart abspaltbar; die Prüfungsanordnung wäre auch ohne einen solchen abspaltbaren Teil denkbar. Das hat zur Folge, dass Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit eines dieser abspaltbaren Teile nicht zur Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit der ganzen Prüfungsanordnung führt. Die anderen rechtmäßigen Teile der Prüfungsanordnung können vielmehr nach § 100 Abs. 1 S. 1 FGO bzw. § 125 Abs. 5 AO aufrechterhalten werden.[2]

 

Rz. 4b

Ergeht eine Ergänzungs-Prüfungsanordnung[3], ist diese ein selbstständiger Verwaltungsakt, der allen Anforderungen an eine Prüfungsanordnung genügen muss.[4]

 

Rz. 5

Aus der Funktion der Prüfungsanordnung als Grundlage der Außenprüfung ist auch zu folgern, dass sie vor oder zumindest mit Beginn der Außenprüfung vorliegen muss.[5] Eine nach dem tatsächlichen Beginn der Außenprüfung erteilte Prüfungsanordnung kann für die bereits durchgeführten Prüfungshandlungen keine Grundlage abgeben, sondern immer nur für Prüfungshandlungen, die nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Prüfungsanordnung[6] durchgeführt werden; die vorher durchgeführten Prüfungshandlungen sind wirksam, aber rechtswidrig.[7] Die Hemmung der Festsetzungsfrist erfolgt erst mit Ergehen der Prüfungsanordnung, setzt also voraus, dass zu diesem Zeitpunkt die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Die Ergebnisse der durchgeführten Prüfungshandlungen sind verwertbar, wenn es sich um Verwaltungsakte handelte, die nicht angefochten wurden (Eintritt der Bestandskraft); handelt es sich nicht um Verwaltungsakte, kann ihre Rechtswidrigkeit durch Einspruch gegen den Steuerbescheid geltend gemacht werden. Unverwertbarkeit der Prüfungsergebnisse tritt aber nur ein, wenn ein qualifizierter Rechtsverstoß vorliegt.[8]

 

Rz. 5a

Eine nach Beendigung der Prüfungshandlungen ergangene Prüfungsanordnung hemmt nicht die Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 AO, da dazu ein "Beginn der Außenprüfung" erforderlich wäre. Vor Ergehen der Prüfungsanordnung liegt formell keine Außenprüfung vor, sie kann also auch nicht "begonnen" haben. Nach Erlass der Prüfungsanordnung werden keine Prüfungshandlungen mehr vorgenommen, d. h. die Außenprüfung aufgrund der Prüfungsanordnung hat nicht "begonnen".[9] Weiter folgt hieraus, dass eine nach (tatsächlicher) Beendigung der Außenprüfung erteilte Prüfungsanordnung rechtswidrig ist, da sie keine Wirkungen (mehr) entfalten kann.[10] Wird diese rechtswidrige Prüfungsanordnung nicht angefochten, wird sie bestandskräftig. Sie ist aber wirkungslos. Rechtswirkungen für die Vergangenheit entfaltet diese Prüfungsanordnung nicht, sie geht insoweit ins Leere. Die Prüfungshandlungen der Vergangenheit bleiben rechtswidrig, da das Fehlen der Grundlage der Prüfungshandlungen nicht rückwirkend geheilt werden kann. Im Übrigen ist dieser Fall nicht in § 126 AO aufgeführt, sodass eine Heilung des Fehlers schon deshalb ausscheidet. Der den durchgeführten Prüfungshandlungen anhaftende Verfahrensfehler der fehlenden Prüfungsanordnung ist auch nicht nach § 127 AO unbeachtlich, da es sich bei den Prüfungshandlungen um Ermessensakte handelt.

 

Rz. 5b

Rechtswirkungen für die Zukunft kann eine nach Abschluss der Prüfung erteilte Prüfungsanordnung nicht entfalten, da nach diesem Zeitpunkt regelmäßig keine Prüfungshandlungen mehr vorgenommen werden. Die Prüfungsanordnung kann aber eine Grundlage für eine Wiederholungsprüfung oder einzelne noch nachgeholte Prüfungshandlunge...

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