Rz. 21

In erster Linie greift die Anlaufhemmung für diejenigen Fälle ein, in denen der Stpfl. selbst zur Abgabe der Erklärung, der Steueranmeldung oder zur Erstattung der Anzeige verpflichtet ist, es also um die Abgabenverpflichtung desjenigen geht, der die Erklärung usw. abzugeben hat.

Dies gilt nach § 191 Abs. 3 AO sinngemäß auch für den Haftungsbescheid über die genannten Steuern, wenn der Haftungsschuldner zur Abgabe einer Steueranmeldung (Steuererklärung) oder einer Anzeige verpflichtet ist.[1] Hat der Haftungsschuldner keine Steuerklärung oder Steueranmeldung abzugeben, beginnt die Festsetzungsfrist ihm gegenüber unabhängig von dem Beginn der Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner, jedoch enthält § 191 Abs. 3 S. 4 AO eine Ablaufhemmung. Geht es um die Haftung des Arbeitgebers für LSt, ist für die Berechnung der Festsetzungsfrist maßgebend, dass der Arbeitgeber eine Steueranmeldung abgeben muss.[2] Tut er dies nicht, greift die Anlaufhemmung nach Abs. 2 Nr. 1 für die LSt-Haftung ein. Diese Anlaufhemmung gegenüber dem Arbeitgeber gilt über § 191 Abs. 3 S. 4 AO, wonach die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht eher abläuft als die Festsetzungsfrist, für die gehaftet wird. Die "Steuer, für die gehaftet wird", ist in diesem Fall die vom Arbeitgeber einzubehaltende und abzuführende LSt, nicht die ESt des Arbeitnehmers. Die Ablaufhemmung wegen Nichtabgabe der Steueranmeldung wirkt damit auch auf die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid.[3] Damit wird Gleichlauf hinsichtlich der Festsetzungsfrist zwischen Steueranmeldung und Haftungsbescheid erreicht.

 

Rz. 22

Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die Anlaufhemmung eintritt, wenn eine andere Person als der Steuerschuldner die Steueranmeldung auf Rechnung des Steuerschuldners oder eine Anzeige abzugeben hat, dies aber nicht tut. Diese Konstellation kann bei Abzugsteuern[4] eintreten. Gegen den Eintritt der Anlaufhemmung gegenüber dem Steuerschuldner spricht in diesen Fällen, dass der Steuerschuldner selbst keine Pflicht verletzt hat, da ihn die Pflicht zur Abgabe der Steueranmeldung oder der Anzeige nicht trifft, und dass er u. U. gar nicht wissen kann, ob der Abzugsverpflichtete seine Verpflichtung zur Abgabe einer Steueranmeldung erfüllt hat. Die Rechtsprechung[5] hat jedoch entschieden, dass die Anlaufhemmung auch dann eintritt, wenn der Steuerschuldner nicht selbst die Erklärung oder Steueranmeldung abzugeben hat. Dies wird damit begründet, dass die Anlaufhemmung nach Abs. 2 Nr. 1 eintritt, "wenn eine Steuererklärung abzugeben ist"; die Anlaufhemmung tritt also unabhängig davon ein, wer die Steueranmeldung abzugeben hat. Dies entspricht auch dem Zweck der Vorschrift, der Steuerverwaltung eine angemessene Zeit für die Steuerfestsetzung zu verschaffen. Die Abzugssteuer ist eine Steuer des Vergütungsgläubigers. Da somit der Anmeldepflichtige eine Steuer des Vergütungsgläubigers anmeldet, ist es gerechtfertigt, dass dessen Verhalten den Lauf der Festsetzungsfrist gegen dem Vergütungsgläubiger beeinflusst. Die rechtzeitige Steuerfestsetzung ist gefährdet, wenn eine erforderliche Erklärung oder Anmeldung nicht abgegeben wird, unabhängig davon, wer hierzu verpflichtet ist. Damit korrespondiert die Regelung auch mit § 169 Abs. 2 S. 3 AO, wonach die Verlängerung der Festsetzungsfrist auch eintritt, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht von dem Stpfl. selbst begangen wurde. Andererseits enthält § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO keine Exkulpationsmöglichkeit. Daher tritt eine Anlaufhemmung für den Steuerschuldner der KapESt, der LSt und der ESt bei der beschränkten Steuerpflicht nach § 50a EStG und ähnlicher Abzugsteuern ein, wenn der Abzugsverpflichtete (Schuldner der Vergütungen) keine Steueranmeldung oder Anzeige abgegeben hat.[6]

 

Rz. 23

Eine besondere Rechtslage besteht bei der VersSt. Steuerschuldner ist der Versicherungsnehmer, dessen Steuer der Versicherer als Steuerentrichtungsschuldner zu entrichten hat. § 7 Abs. 8 S. 4 VersStG bestimmt aber ausdrücklich, dass die Festsetzungsfrist gegenüber dem Versicherungsnehmer unabhängig ist von der Festsetzungsfrist gegen den Versicherer als Steuerentrichtungsschuldner, und umgekehrt. Die Verpflichtung des Versicherers zur Abgabe einer Steueranmeldung führt also nicht zur Anlaufhemmung bei dem Versicherten. Vielmehr beginnt die Festsetzungsfrist gegenüber dem Versicherten nach § 170 Abs. 1 AO, und daher ohne Anlaufhemmung, während für die Festsetzungsfrist gegenüber dem Versicherer die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO eingreifen kann.[7]

Die gegenteilige Rechtsprechung ist durch Änderung des § 7 Abs. 8 VersStG überholt.[8] Bei der Feuerschutzsteuer ist der Versicherer nach § 5 Abs. 1 FeuerschutzStG der Stpfl., sodass mangels Steuerpflicht keine Festsetzungsfrist gegen den Versicherten läuft. Ist jedoch der Versicherte nach § 5 Abs. 2 FeuerschutzStG der Stpfl., führt die verzögerte Abgabe der Steueranmeldung durch den Versicherer zur Anlaufhemmung gegenüber dem Versic...

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