Rz. 7

Von der Verordnungsermächtigung des § 156 Abs. 1 AO ist in der Kleinbetragsverordnung v. 19.12.2000[1] Gebrauch gemacht worden. Die Verordnung wurde durch Gesetz v. 18.7.2016[2] neu gefasst. Die Neuregelung der KleinbetragsVO ist nach Art. 97 § 9a Abs. 3 EGAO auf Steuern anzuwenden, die nach dem 31.12.2016 entstehen. Für Steuern, die vor dem 1.1.2017 entstanden sind, gilt die bisherige Regelung weiter, auch wenn die Änderung der Steuerfestsetzung nach dem 31.12.2016 erfolgt. Auffällig an der Neuregelung ist, dass die sonst übliche Regelung, dass die durch das Gesetz geschaffenen Regelungen der VO nach ihrer Rechtsqualität weiterhin eine Verordnung sind ("Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang"). Sofern diese Bestimmung nicht nachgeholt wird, wären künftige Änderungen der VO insoweit nur durch Gesetz, nicht durch eine VO möglich.

 

Rz. 8

Nach § 156 Abs. 1 AO kann durch Verordnung geregelt werden, dass Steuern bei Unterschreiten der Kleinbetragsgrenze nicht festgesetzt werden. Die Kleinbetragsgrenze darf für Steuern, die vor dem 1.1.2017 entstanden sind, 10 EUR, für Steuern, die nach dem 31.12.2016 entstanden sind, 25 EUR nicht übersteigen. Die Kleinbetragsregelung bezieht sich auf die einzelne Steuer, also denjenigen Betrag, der nach § 155 Abs. 1 AO selbstständig festgesetzt wird. Es ist also jeweils auf die einzelne Steuerart und den einzelnen Veranlagungszeitraum bzw. bei zeitpunktbezogenen Steuern auf den einzelnen steuerbaren Vorgang abzustellen.

 

Rz. 9

Damit kann die Kleinbetragsverordnung grundsätzlich die erstmalige Steuerfestsetzung als auch Änderungen der Steuerfestsetzung erfassen. Auch die Änderung einer Steuerfestsetzung ist eine Festsetzung von Steuern. Die Ermächtigung für eine Kleinbetragsregelung bei der erstmaligen Steuerfestsetzung ist nicht ausgenutzt worden.[3]

 

Rz. 10

Aus der Verwendung des Begriffs "Festsetzung" in § 156 Abs. 1 AO ist geschlossen worden, dass die Ermächtigung nur die Steuerfestsetzung oder Änderung zulasten des Stpfl. erfasst, nicht die Anwendung der Kleinbetragsregelung, wenn sich die Steuerfestsetzung zugunsten des Stpfl. auswirken würde.[4] Dem hat der BFH jedoch widersprochen.[5] Die Ermächtigungsgrundlage in § 156 Abs. 1 AO bezieht sich auf die steuerlichen Auswirkungen einer Änderung, und erfasst damit sowohl Änderung zulasten wie zugunsten des Stpfl. Eine Steuererstattung ist nur aufgrund einer (geänderten) Steuerfestsetzung möglich, sodass dieser Begriff Steuernachforderungen und Steuererstattungen gleichermaßen erfasst. Die Ermächtigungsgrundlage für die Kleinbetragsverordnung in § 156 Abs. 1 AO erfasst daher in ausreichend bestimmter Weise auch Steueränderungen zugunsten des Stpfl.

 

Rz. 11

Nach der Kleinbetragsverordnung unterbleiben Änderungen der Steuerfestsetzung, wenn bestimmte Grenzen nicht überschritten sind. Nicht erfasst werden erstmalige Festsetzungen. Von der in § 156 Abs. 1 AO vorgesehenen Möglichkeit, von der erstmaligen Festsetzung von Kleinbeträgen abzusehen, ist in der KleinbetragsVO kein Gebrauch gemacht worden. Steuern sind grundsätzlich auch dann erstmalig festzusetzen, wenn ihr Betrag die Kleinbetragsgrenze nicht übersteigt. Die Steuerfestsetzung hat eine erhebliche Befriedungsfunktion, indem sie bindend festlegt, was steuerlich gelten soll. Diese Entscheidung ist (erstmalig) auch dann zu treffen, wenn die auszuweisende Steuer nur im Bereich der Kleinbetragsgrenze liegt. Auf eine Steuererklärung muss eine Reaktion der Finanzbehörde erfolgen; eine NV-Mitteilung[6] der Finanzverwaltung würde aber einen ebenso großen Verwaltungsaufwand erfordern wie eine Steuerfestsetzung. Daher ist die Verordnungsermächtigung für die erstmalige Steuerfestsetzung nicht ausgenutzt worden, da insoweit eine Kleinbetragsregelung nicht als sinnvoll angesehen wird.[7]

 

Rz. 12

Erfasst werden nach dem Wortlaut des § 156 Abs. 1 AO die "Festsetzung einer Steuer". Nicht ausdrücklich erwähnt sind Berichtigungen nach § 129 AO. Da aber auch bei einer Berichtigung eine Steuer abweichend von dem ursprünglich festgesetzten Betrag "festgesetzt" wird, fallen auch Berichtigungen unter den Begriff der "Festsetzung". Bei Nichtüberschreiten der Bagatellgrenzen hat also auch die Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO zu unterbleiben.

 

Rz. 13

Ob bei einer Änderung oder Berichtigung einer Steuerfestsetzung die Kleinbetragsgrenze unter- oder überschritten wird, ermittelt sich nach § 156 Abs. 1 AO aus einem Vergleich der Höhe der bisher festgesetzten Steuer zu der eigentlich vorzunehmenden Steuerfestsetzung. Maßgebend ist dabei die tatsächlich bisher festgesetzte Steuer, nicht diejenige Steuer, die richtigerweise hätte festgesetzt werden müssen.[8] Die Kleinbetragsregelung verhindert daher auch die Änderung einer unrechtmäßig festgesetzten Steuer.

 

Rz. 14

Für Steuern, die nach dem 31.12.2001, aber vor dem 1.1.2017 entstanden sind, gilt die Kleinbetragsregelung auch bei Änderung der Steuerfestsetzung zugunsten des Stpfl. Eine Herabsetzung der Steuer erfolgt also nicht, wenn de...

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