Rz. 1

Eine § 153 AO in etwa entsprechende Bestimmung fand sich in § 165e RAO.[1] § 153 AO begründet hierbei vier besondere – jeweils rechtlich selbstständige – Mitwirkungspflichten[2]:

  • Anzeige- und Berichtigungspflicht bei fehlerhaften Steuererklärungen[3]
  • Anzeigepflicht fehlerhafter Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern[4]
  • Anzeigepflicht bei unberechtigten Steuervergünstigungen[5]
  • Anzeigepflicht bei bedingungswidriger Warenverwendung.[6]
  • Anzeige- und Berichtungspflichten im Anschluss an eine steuerliche Außenprüfung.[7]

§ 153 Abs. 4 AO wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 vom 22.12.2022[8] in die Bestimmung eingefügt.

Das Gesetz trifft hiermit in § 153 AO Grundsatzregelungen, die durch besondere Anzeigepflichten in Einzelsteuergesetzen ergänzt oder modifiziert werden können.[9]

 

Rz. 2

Die Einordnung der Anzeigepflichten bei den im 2. Unterabschnitt geregelten Steuererklärungspflichten folgt für § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO unmittelbar aus der in § 150 Abs. 2 AO besonders normierten Wahrheitspflicht[10], die auch nach Abgabe der Steuererklärung zweifellos fortbesteht.[11] Die Vorschrift ergänzt hierbei die Steuererklärungspflicht um eine zusätzliche Korrekturpflicht und dient damit letztlich der Sicherung der materiellen Richtigkeit der Besteuerung. Den sich aus § 153 AO ergebenden Pflichten liegt der im zivilrechtlichen Schuldrecht deutliche Rechtsgedanke der Schadensverhinderungs- bzw. -minderungspflicht zugrunde, wonach der an den Rechtsbeziehungen Beteiligte, der durch sein Verhalten die Gefahr oder den Eintritt eines Schadens – hier die Minderung des Steueranspruchs – verursacht hat, verpflichtet ist, das ihm Mögliche zur Abwendung des Schadens zu veranlassen.[12] Allerdings überträgt § 153 AO diesen Grundsatz nicht als allgemeine Regelung in das Besteuerungsverfahren, sondern begründet nur einzelne Pflichten in den durch den Gesetzestatbestand konkretisierten vier Fällen (Rz. 1).

 

Rz. 2a

Mit Schreiben v. 23.5.2016[13] wurde der Anwendungserlass zur AO[14] (AEAO) zu § 153 AO umfassend neu formuliert. Die dortigen Ausführungen bieten einen Überblick über wesentliche Aspekte des § 153 AO aus der Sicht der Finanzverwaltung.[15] Insbesondere wird dort auch der Begriff des innerbetrieblichen Kontrollsystems im Hinblick auf die Steuern genannt.[16] Dieses kann Bedeutung für die Frage erlangen, ob Vorsatz oder Leichtfertigkeit angenommen werden kann.[17] Weitere Bedeutung hat das innerbetriebliche Kontrollsystem dadurch erlangt, dass bei Bestehen eines solchen sog. Tax CMS seit dem 1.1.2023 ein Antrag nach § 38 EGAO auf Prüfungserleichterungen in der nächsten Außenprüfung gestellt werden kann.[18]

[1] Zur Entwicklung s. Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 153 AO Rz. 1.
[8] BGBl I 2022, 2730.
[9] BT-Drs. VI/1982, 129.
[11] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 153 AO Rz. 1a.
[12] Hartung, JZ 1960, 95.
[13] BMF v. 23.5.2016, IV A 3 – S 0324/15/10001.
[14] Anwendungserlass zur AO v. 31.1.2014 (BStBl I 2014, 201, 290) mit verschiedenen Änderungen seitdem.
[15] Vgl. zum AEAO zu § 155 AO insbesondere auch Geuenich, NWB 2016, 2560; Neuling, DStR 2016, 1652; Welling, NWB 2016, 630; Seer, DB 2016, 2192; Beneke, BB 2016, 2327; Erdbrügger/Jehke, BB 2016, 2455.
[16] Ludwig/Breimann/Kusch, DStR 2016, 2240.
[17] S. hierzu im Einzelnen Rz. 28a; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 153 AO Rz. 30.
[18] S. auch Kowallik, DB 2023, 804.

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