1 Allgemeines zur Bekanntgabe des Verwaltungsakts

1.1 Grundlagen

 

Rz. 1

§ 122 AO ist durch Gesetz v. 19.12.1985[1] um Abs. 2 Nr. 2 ergänzt worden. Als weitere Änderung sind durch Gesetz v. 22.12.1999[2] die bisher in § 155 Abs. 4 und 5 AO enthaltenen Regelungen in § 122 Abs. 6 und 7 AO übernommen worden. Dabei wurde die Regelung verallgemeinert und von Steuerbescheiden auf alle Verwaltungsakte ausgedehnt. Durch Gesetz v. 21.8.2002[3] wurde Abs. 2a eingefügt. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016[4] ist § 122 Abs. 1 Satz 4 AO geändert und Abs. 5 AO angefügt worden. Die Neuregelungen sind zum 1.1.2017 in Kraft getreten.[5]

 

Rz. 2

Ein Verwaltungsakt ist erst dann ergangen, wenn der Adressat die Möglichkeit hat, von ihm Kenntnis zu nehmen; er ist daher empfangsbedürftig[6], sofern gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist.[7] § 122 AO enthält die Verpflichtung zur Bekanntgabe des Verwaltungsakts und Regelungen über die Art der Bekanntgabe; er enthält demgemäß die formellen Voraussetzungen des Wirksamwerdens von Verwaltungsakten, während die materiellen Wirkungen in § 124 AO geregelt sind. Die Vorschrift korrespondiert mit § 41 VwVfG und § 37 SGB X. Nicht von § 122 AO geregelt ist der Zugang von anderen Schriftstücken o. ä. Korrespondenz der Finanzverwaltung mit den Stpfl. So finden z. B. auf Willenserklärungen die allgemeinen Regelungen Anwendung.

Die Verwaltungsauffassung zur Bekanntgabe von Verwaltungsakten ergibt sich aus den eingehenden Hinweisen im Amtlichen AO-Handbuch zu § 122 AO.[8]

 

Rz. 3

§ 122 AO gilt für alle Steuern im Rahmen des § 1 AO. Für den Bereich des Zollrechts (Eingangsabgaben, Ausfuhrabgaben, Abschöpfungen) enthält Art. 22 UZK allgemeine Regelungen, die § 122 Abs. 1 AO verdrängen. Dagegen enthält der UZK keine Bestimmungen über die Art der Bekanntgabe; § 122 Abs. 25 AO sind daher grds. anwendbar.[9]

Der Akt der Bekanntgabe besteht aus zwei Seiten, der Bekanntgabehandlung seitens des Bekanntgebenden (Rz. 4–12) und der Zugangs des Verwaltungsakts (Empfangnahme seitens des Empfängers, dazu Rz. 3–21).

[1] BStBl I 1985, 735.
[2] BStBl I 2000, 13.
[3] BStBl I 2002, 820.
[4] StModG, BGBl I 2016, 1679.
[5] Art. 23 Abs. 1 StModG, BGBl I 2016, 1679.
[6] Vgl. § 124 AO.
[7] Vgl. z. B. § 168 AO.
[9] Zu Einzelheiten Roth, in Dorsch, Zollrecht, Art. 22 UZK Rz. 48ff.; Witte, UZK, 7. Aufl. 2018, Art. 22 Rz. 69ff.

1.2 Anforderungen an die Bekanntgabe

 

Rz. 4

Bekanntgabe bedeutet, dem Beteiligten, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Möglichkeit zu verschaffen, vom Inhalt des Verwaltungsakts Kenntnis zu nehmen.

Die Bekanntgabe ist Voraussetzung für die Wirksamkeit des Verwaltungsakts. Sie ist das Ergebnis des Bekanntgabevorgangs. Der Bekanntgabevorgang ist unterschiedlich ausgestaltet (einfache Bekanntgabe, öffentliche Bekanntgabe, Zustellung usw.). Er besteht z. B. bei der einfachen Bekanntgabe in der Aufgabe zur Post (zum Begriff der "Post" vgl. Rz. 153ff.) und dem Zugang, der u. U. nach § 122 Abs. 2 AO vermutet wird.

Die Bekanntgabegrundsätze gelten für alle Verwaltungsakte (Steuerbescheide, Haftungsbescheide, Prüfungsanordnung, Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen, Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern usw.).

1.2.1 Bekanntgabe durch die zuständige Behörde

 

Rz. 5

Seitens des Bekanntgebenden setzt die Bekanntgabe voraus, dass die bekannt gebende Person willentlich alles getan hat, was nach Gesetz oder Verkehrsauffassung erforderlich ist, damit der Verwaltungsakt den Adressaten erreicht. Eine wirksame Bekanntgabe durch die Behörde setzt voraus, dass sie von dem zum Erlass des Verwaltungsakts befugten Beamten veranlasst wird. Ferner muss der zum Erlass des Verwaltungsakts befugte Beamte mit dem Willen zur Bekanntgabe des Verwaltungsakts gehandelt haben. Der Bekanntgabewille wird regelmäßig dadurch gebildet, dass der zeichnungsberechtigte Beamte den Verwaltungsakt abzeichnet und in den Geschäftsgang zur Poststelle zur Durchführung der Bekanntgabe gibt.[1]

An einer wirksamen Bekanntgabe fehlt es daher, wenn der Verwaltungsakt ohne oder gegen den Willen des zuständigen Beamten zur Post gegeben und dem Empfänger zugesandt wird (vgl. auch Rz. 7). Zuständiger Bearbeiter ist dabei der für die Steuerfestsetzung zuständige Beamte, also regelmäßig der Sachbearbeiter oder Sachgebietsleiter, nicht die Postabsendestelle.[2] Ist die Bekanntgabe von einer Person veranlasst worden, die nach ihrer Stellung nicht zum Erlass eines Verwaltungsakts befugt ist, ist die Bekanntgabe nicht durch die Behörde veranlasst und entfaltet daher keine Rechtswirkungen. Das gilt sowohl, wenn die Bekanntgabe ohne oder gegen den Willen der zum Erlass des Verwaltungsakts berechtigten Person durch eine behördliche Stelle, die in den Bekanntgabevorgang eingeschaltet ist, veranlasst ist[3], als auch, wenn die Bekanntgabe durch einen gänzlich Unbefugten (Pförtner, Putzfrau usw.) verursacht wird.

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