Rz. 1

§ 120 AO stimmt fast wörtlich mit § 36 VwVfG und § 32 SGB X überein; die Vorschrift wurde aus Gründen der Rechtsangleichung in die AO übernommen.

 

Rz. 2

Nebenbestimmungen sind konkrete Anordnungen, die im Zusammenhang mit einem Verwaltungsakt die dort getroffene Regelung eingrenzen, konkretisieren oder ergänzen. Wird der Inhalt des Verwaltungsakts inhaltlich verändert, liegt eine sog. modifizierende Auflage vor. Diese ist keine Nebenbestimmung i. S. d. § 120 Abs. 2 S. 4 AO[1]; solche Anordnungen sind Teil der Regelung des Verwaltungsakts. Diese Teilablehnung eines Verwaltungsakts kann mit Einspruch und Verpflichtungsklage[2] angegriffen werden.

 

Rz. 3

Nebenbestimmungen verwirklichen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da sie gegenüber einer uneingeschränkten Belastung durch einen Verwaltungsakt oder der Ablehnung einer Begünstigung das geringere Mittel darstellen. Sie sind grundsätzlich bei allen Arten von Verwaltungsakten zulässig (gebundene und ermessensfreie Verwaltungsakte, belastende und begünstigende Verwaltungsakte, deklaratorische und konstitutive Verwaltungsakte, einmalige Verwaltungsakte und Verwaltungsakte mit Dauerwirkung).

 

Rz. 4

Keine Nebenbestimmungen sind Hinweise auf bestehende gesetzliche Regelungen und Beschränkungen; hier fehlt es an einer eigenständigen Regelung.[3]

Die Aufzählung des § 120 Abs. 2 AO ist abschließend.[4] Die Zulassung des Vorbehalts der Nachprüfung[5] und die Vorläufigkeit[6] beruhen auf gesetzlicher Zulassung nach § 120 Abs. 1 1. Halbs. AO.

Die Nebenbestimmungen sind akzessorisch. Sie teilen das rechtliche Schicksal des (Haupt-)Verwaltungsakts, dem sie beigefügt sind. Wird der Haupt-Verwaltungsakt aufgehoben, entfällt die Nebenbestimmung ipso facto; einer gesonderten Aufhebung der Nebenbestimmung bedarf es nicht. Umgekehrt bewirkt die Unwirksamkeit der Nebenbestimmung nicht automatisch die Unwirksamkeit des Haupt-Verwaltungsakts (dazu unten Rz. 15).

 

Rz. 5

Im Zollrecht überlagert § 23 Abs. 1 UZK den § 120 Abs. 2 Nr. 3, 4 AO. Für die übrigen Bestimmungen enthält der UZK keine Parallelbestimmungen, sodass diese auch für Eingangs- und Ausgangsabgaben, Abschöpfungen und ähnliche Abgaben anwendbar bleiben.

 

Rz. 6

Für die Auslegung von Nebenbestimmungen ist nach den Grundsätzen des § 133 BGB entscheidend, wie der Adressat selbst nach den ihm bekannten Umständen – seinem "objektiven Verständnishorizont" – den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte.[7] Weil der Verwaltungsakt mit dem bekannt gegebenen Inhalt wirksam wird, muss die Auslegung zumindest einen Anhalt in der bekannt gegebenen Regelung haben. Im Zweifel ist das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus ihrer Sphäre nicht benachteiligt werden darf.[8]

Im Zweifel ist wegen des Übermaßverbots das einen Antragsteller weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen.[9]

[1] Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2021, § 36 VwVfG Rz. 76; Söhn, in HHSp AO/FGO, § 120 AO Rz. 130.
[3] Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2021, § 36 VwVfG Rz. 8ff.
[4] Ebenso Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 120 AO Rz. 9; a. A. etwa Koenig/Vorbeck, AO, 4. Aufl. 2021, § 120 Rz. 2.
[7] BFH v. 8.11.1995, V R 64/95, BStBl II 1996, 256; vgl. auch Pahlke, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 119 AO Rz. 5ff.
[9] BFH v. 25.8.1981, VII B 3/81, BStBl II 1982, 34; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2021, § 36 VwVfG Rz. 73 m. w. N.

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