Rz. 56

§ 78 Abs. 3 FGO in der seit 1.1.2018 geltenden Fassung befasst sich mit der Art und Weise der Akteneinsicht, wenn die Prozessakten in Papierform geführt werden, die Papierakte also "führend" ist.

5.1 Akteneinsicht in Diensträumen (§ 78 Abs. 3 S. 1 FGO)

 

Rz. 57

Für die Prozessakten bestimmt § 78 Abs. 3 S. 1 FGO als Grundregel, dass die Akteneinsicht durch die Einsichtnahme in Diensträumen gewährt wird. Der Begriff "Diensträume" meint dabei wie in § 78 Abs. 2 S. 2 FGO Räumlichkeiten, die vorübergehend oder dauernd dem öffentlichen Dienst zur Ausübung dienstlicher Tätigkeiten dienen und über die ein Träger öffentlicher Gewalt das Hausrecht ausübt.[1] Dies können im Wege der Amtshilfe nach § 13 FGO daher auch die Räumlichkeiten eines FA sein, das sich in der Nähe des Büros oder der Wohnung eines Beteiligten/Prozessbevollmächtigten befindet. Dabei wird in der Regel angeordnet, dasss die Akteneinsicht unter Aufsicht eines Bediensteten erfolgt, der über die Akteneinsicht ein Protokoll fertigt.[2]

 

Rz. 58

Mit der Neuregelung hat der Gesetzgeber viel von dem früheren Streitpotential über die Versendung der Akten entschärft. Vor der Rechtsänderung hatte die Akteneinsicht grundsätzlich bei dem Prozessgericht zu erfolgen. Bei weiter Anreise konnten die Akten allerdings auch an das Gericht oder an das FA versendet werden, das dem Büro/Wohnsitz des Antragstellers am nächsten lag. In Ausnahmefällen war es zudem möglich, dass die Akten in das Büro/die Wohnung des Prozessbevollmächtigten versendet werden.[3] Diese Rechtsprechung wurde vom BVerfG gebilligt.[4] Im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Akteneinsicht waren nach Auffassung der Rechtsprechung verschiedene Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

 

Rz. 59

Gegen die Aktenversendung sprachen z. B. folgende Interessen: Vermeidung von Aktenverlusten, Wahrung des Steuergeheimnisses, jederzeitige Verfügbarkeit der Akten (insbesondere zu einer anstehenden mündlichen Verhandlung), Vermeidung von Aktenmanipulationen (z. B. bei fehlender Paginierung) und von Beschädigungen.[5]

 

Rz. 60

Für eine Aktenversendung sprachen z. B. folgende Interessen oder Umstände: körperliche Behinderung des Bevollmächtigten, außergewöhnlich umfangreiche und unübersichtliche Akten, Kosten- und Zeitersparnis für den Prozessbevollmächtigten oder Beteiligten.[6]

 

Rz. 61

Mit der nunmehr vorliegenden gesetzlichen Regelung kann die Ermessensentscheidung häufiger zugunsten einer Versendung an andere Diensträume erfolgen, da die Akteneinsicht bei dem Prozessgericht – anders als früher – nicht mehr die Grundregel ist. Es kann aber auch – je nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte – ermessensgerecht sein, von einer Versendung in andere Diensträume abzusehen. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise die Akten wegen einer bevorstehenden mündlichen Verhandlung vom Gericht benötigt werden und eine rechtzeitige Rücksendung nicht gewährleistet ist.[7]

Rz. 62 und 63 einstweilen frei

5.2 Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts zum Abruf (§ 78 Abs. 3 S. 2 FGO)

 

Rz. 64

§ 78 Abs. 3 S. 2 FGO soll die Möglichkeiten der Akteneinsicht um die Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf erweitern.[1] Wie nach § 78 Abs. 2 S. 1 FGO wäre es danach grundsätzlich möglich, die Papierakte in ein anderes Format (z. B. PDF) zu übertragen und mittels einer besonders gesicherten Verbindung zur Verfügung zu stellen bzw. auf einem sicheren Übermittlungsweg i. S. des § 52a Abs. 4 FGO zu übermitteln. Aus § 78 Abs. 3 S. 2 FGO ergibt sich indes keine Verpflichtung des Gerichts, die Papierakte in eine elektronische Fassung zu überführen, um eine Akteneinsicht nach § 78 Abs. 3 S. 2 FGO zu ermöglichen.[2] Vielmehr bleibt es in das Ermessen des Gerichts gestellt, Akteneinsic...

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