Rz. 64

Gem. § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 251 S. 1 ZPO können die FG in den Hauptsacheverfahren in jedem Verfahrensstadium das Ruhen des Verfahrens anordnen, wenn die Verfahrensbeteiligten dies übereinstimmend beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Diese Regelung gibt dem Gericht im Interesse der Prozessökonomie die Möglichkeit, die sich durch die engen Voraussetzungen des § 74 FGO (s. Rz. 5ff.) ergebenden Beschränkungen auszugleichen. Das Ruhen des Verfahrens ist insoweit ein Sonderfall der Verfahrensaussetzung.[1] Daher sind auch die rechtlichen Wirkungen einer Ruhensanordnung grundsätzlich dieselben. Allerdings hat die Anordnung einer Verfahrensruhe gem. § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 251 S. 2 ZPO keine Auswirkungen auf die Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelfristen sowie die Frist zur Begründung des Rechtsmittels.[2] Darüber hinaus darf das Ruhen des Verfahrens nur dann ausgesprochen werden, wenn die Sachentscheidungsvoraussetzungen des auszusetzenden Verfahrens erfüllt sind.[3]

 

Rz. 65

Das Schweben von Vergleichsverhandlungen i. S. d. § 251 S. 1 ZPO kommt kaum in Betracht, da ein Vergleich über die Besteuerungsgrundlagen ausscheidet.[4] Die Anordnung einer Verfahrensruhe nach § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 278 Abs. 2 ZPO kommt regelmäßig nicht in Betracht, weil im Steuerrecht die Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nicht vorgesehen ist. Lediglich die Durchführung eines gerichtlichen Güteverfahrens ermöglicht nach § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 278 Abs. 5 ZPO eine Verfahrensruhe. Eine Verfahrensruhe wegen Säumnis der Beteiligten nach § 251a ZPO kommt in finanzgerichtlichen Verfahren wegen der Regelung des § 91 Abs. 2 FGO ebenso nicht in Betracht.[5]

[4] BFH v. 4.5.1988, II B 184787, BFH/NV 1989, 589; FG Baden-Württemberg v. 6.6.1994, 9 K 110/88, EFG 1995, 82.
[5] Ebenso Thürmer, in HHSp, AO/FGO, § 74 FGO Rz. 176; Gräber/Herbert, FGO, 9. Aufl. 2019, § 74 Rz. 18.

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