Rz. 26

Die Trennung und Verbindung von Verfahren sind in jedem Verfahrensstadium möglich (Rz. 2) und haben nach dem Gesetzeswortlaut zwingend durch Beschluss zu erfolgen. Eine stillschweigende bzw. konkludente Verbindung oder Trennung ist daher nicht möglich.[1] Der Beschluss über eine Verbindung oder Trennung bedarf nach § 113 Abs. 2 S. 1 FGO keiner Begründung.[2] Er ergeht ohne Kostenentscheidung. Der Beschluss ist den Beteiligten gem. § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 329 Abs. 2 S. 1 ZPO frühzeitig durch formlose Mitteilung durch Übersendung einer Abschrift bekanntzumachen.[3]

 
Praxis-Beispiel

"Das Verfahren [1] wird mit dem Verfahren [2] zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen [1 oder 2] fortgeführt."

Wenngleich das ältere Verfahren nicht zwangsläufig das führende Verfahren sein muss[4], empfiehlt sich eine entsprechende Tenorierung dennoch. Denn nach der Anlage 2 zur Anordnung über die Erhebung von statistischen Daten in der Finanzgerichtsbarkeit (FG-Statistik) in der Fassung vom 1.1.2022 gilt das später anhängig gewordene Verfahren als erledigt.

"Das Verfahren wegen [Streitgegenstand] wird abgetrennt und unter einem noch zu vergebenen Aktenzeichen fortgeführt."

"Das Verfahren des Klägers zu 2) wird abgetrennt und unter einem noch zu vergebenen Aktenzeichen gem. § 72 Abs. 2 S. 2 FGO eingestellt."

 

Rz. 27

Die vorherige Anhörung der Beteiligten ist bei einer Trennung nur dann notwendig, wenn durch die Trennung ihre prozessualen Rechte beeinträchtigt werden können. Allerdings werden die Beteiligten durch die Verfahrenstrennung regelmäßig nicht in ihren Rechten beeinträchtigt.[5] Eine Beeinträchtigung liegt auch dann nicht vor, wenn erst aufgrund einer Verfahrenstrennung die Streitwertgrenze des § 94a FGO eingehalten wird und sodann im vereinfachten Verfahren entschieden werden könnte.[6] Denn unabhängig von der vorherigen Verfahrenstrennung hat das Gericht auf die geplante Anwendung des § 94a FGO hinzuweisen.[7] Dennoch ist eine vorherige Anhörung grundsätzlich zweckmäßig, damit das Gericht die Interessen der Beteiligten bei seiner Ermessensentscheidung kennt und berücksichtigen kann.[8]

 

Rz. 28

Die Entscheidung über die Verbindung und Trennung trifft grundsätzlich das Gericht, d. h. – auch im vorbereitenden Verfahren – der Senat in der jeweils für die Entscheidung zuständigen Besetzung nach § 5 Abs. 3 FGO für das FG bzw. § 10 Abs. 3 FGO für den BFH. Wird allerdings im vorbereitenden Verfahren hinsichtlich eines von mehreren Streitgegenständen die Klage zurückgenommen oder erledigt sich ein entsprechend abgrenzbarer Teil der Hauptsache, kann der gem. § 79a Abs. 1 FGO zuständige Richter[9] im Zusammenhang mit der Entscheidung über die teilweise Klagerücknahme gem. § 79a Abs. 1 Nr. 2 FGO bzw. die Teilerledigung der Hauptsache gem. § 79a Abs. 1 Nr. 3 FGO auch den erforderlichen Trennungsbeschluss erlassen. Auch wenn die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung grundsätzlich nicht von § 79a Abs. 1 FGO erfasst ist, handelt es sich in dieser Konstellation dennoch um eine Entscheidung, die "bei" der Rücknahme bzw. Teilerledigung getroffen wird.[10] Dasselbe dürfte aufgrund der vergleichbaren Ausgangslage für die Entscheidung über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens nach § 79a Abs. 1 Nr. 1 FGO gelten.

 

Rz. 29

Bei einer Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter nach § 6 Abs. 1 FGO ist dieser das Gericht und daher für die Entscheidung über die Verbindung oder Trennung allein zuständig. Dasselbe gilt für die sog. konsentierten Einzelrichter i. S. d. § 79a Abs. 3 FGO.[11] Nach einer Verfahrenstrennung bleibt der Einzelrichter für die getrennten Verfahren zuständig; es sei denn, die Abtrennung folgt aufgrund einer erforderlichen Abgabe des abgetrennten Verfahrens an einen anderen Senat desselben Gerichts oder einer Verweisung an ein anderes Gericht.[12] Eine Verbindung mehrerer Verfahren kann nach einer Übertragung auf den Einzelrichter nach § 6 Abs. 1 FGO nur noch erfolgen, wenn der Einzelrichter für beide Verfahren nach dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan zuständig ist und jeweils über eine entsprechende alleinige Entscheidungskompetenz verfügt. Daher kann der Einzelrichter jedenfalls auch nicht durch eine Verbindung eine Senatssache zur Einzelrichtersache machen.[13] Andernfalls dürfte ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter i. S. d. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG vorliegen. Demgegenüber kann der konsentierte Einzelrichter zur Verfahrensverbindung immer noch eine Entscheidung durch den Senat herbeiführen.[14]

 

Rz. 30

Beschlüsse über die Verbindung und Trennung von Verfahren nach § 73 Abs. 1 FGO sind prozessleitende Verfügungen und können daher nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden und unterliegen daher auch nicht der Beurteilung der Revision. Deshalb kann eine Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht auf eine angeblich fehlerhafte Verfahrenstrennung gestützt werden.[15] Ein Rechtsmittel kann daher grundsätzlich nicht auf einen Ermessensfehler d...

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