Rz. 51

Für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag oder über eine Wiedereinsetzung ohne Antrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat (Abs. 4). Eine Entscheidung ist erforderlich, eine stillschweigende Gewährung von Wiedereinsetzung scheidet aus[1].

 

Rz. 52

Die Entscheidung kann entweder mit der Entscheidung über die versäumte Rechtshandlung verbunden werden[2] und im Endurteil ergehen, sie kann aber nach h. M. auch gem. § 155 FGO i. V. m. § 238 Abs. 1 S. 2 ZPO gesondert vorab getroffen werden. Dies hat dann durch Zwischenurteil gem. § 155 FGO i. V. m. § 303 ZPO[3] zu geschehen, wenn über die versäumte Rechtshandlung durch Urteil zu entscheiden ist, wie z. B. über eine Klage oder Revision. Keinesfalls darf eine Sachentscheidung ergehen, bevor über die Sachentscheidungsvoraussetzungen befunden worden ist[4]. Ist über die versäumte Rechtshandlung durch Beschluss zu entscheiden, so kann auch über die Wiedereinsetzung durch Beschluss entschieden werden (h. M.; BFH v. 26.10.1989, IV R 82/88, BStBl II 1990, 277; Eyermann/Fröhler, VwGO, § 60 Rz. 29; Koch, in Gräber, FGO, § 56 Rz. 67). Ist die Wiedereinsetzung abzulehnen und dadurch ein Rechtsbehelf oder Rechtsmittel unzulässig, ist grundsätzlich wegen Entscheidungsreife eine verbundene Entscheidung zu treffen.

 

Rz. 53

Die Entscheidung über die Wiedereinsetzung ist keine Ermessensentscheidung des Gerichts, sondern eine Rechtsentscheidung. Auf die Gewährung der Wiedereinsetzung hat der Betroffene beim Vorliegen aller Voraussetzungen einen Rechtsanspruch. Daraus soll sich nach Auffassung des BFH v. 11.1.1983, VII R 92/80, BStBl II 1983, 334 ergeben, dass der BFH als Revisionsgericht bei Versäumung der Klagefrist trotz § 56 Abs. 4 FGO die Wiedereinsetzung selbst gewähren darf. In besonderen Fällen kommt die Gewährung von Wiedereinsetzung auch nach Verwerfung des Rechtsbehelfs als unzulässig in Betracht, wenn über den Antrag auf Wiedereinsetzung nicht mitentschieden worden ist. Die Entscheidung über die Wiedereinsetzung gründet sich im Übrigen[5] auf einem mithilfe präsenter Beweismittel getroffenen Wahrscheinlichkeitsurteil[6] und nicht auf einer Überzeugungsbildung.

[1] BVerwG v. 17.1.1980, 5 C 32/79, HFR 1981, 131; BFH v. 27.7.1988, I R 159/84, BFH/NV 1990, 8.
[3] Nach BFH v. 26.10.1989, IV R 82/88, BStBl II 1990, 277; Tipke, in Tipke/Kruse, AO, § 56 FGO Rz. 28 gemäß § 97 FGO; diese Vorschrift sieht jedoch nur ein Zwischenurteil über die Zulässigkeit insgesamt vor.
[5] Abweichend von § 96 Abs. 1 S. 1 FGO.

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