Rz. 9

§ 52b Abs. 1 S. 1 FGO bildet die Rechtsgrundlage für die führende elektronische Akte. Um grundsätzlich eine einheitliche Aktenführung zu ermöglichen und um "Hybrid-Akten" zu vermeiden, ist zu entscheiden, ob in der Übergangszeit bis 1.1.2026 die Akten in Papierform oder in elektronischer Form geführt werden. Die jeweils bestimmte Form ist dann "führend", so dass Dokumente, die nicht in der gleichen Form eingereicht oder vorhanden sind, grundsätzlich in die Form der Akte umzuwandeln sind.

 

Rz. 10

Nach § 52b Abs. 1 S. 2 FGO bestimmen die Bundesregierung und die Landesregierungen jeweils für ihren Bereich den Zeitpunkt der Einführung der elektronischen Akte. Für die Finanzgerichtsbarkeit existieren bereits einige Regelungen.[1] Dabei ist es zur Vermeidung von "Hybrid-Akten" und von Verwaltungsaufwand sinnvoll, wenn – wie in § 52b Abs. 1a S. 3 FGO ermöglicht – geregelt wird, dass ab diesem Zeitpunkt neu angelegte Akten im Ganzen elektronisch zu führen sind sowie bis zu diesem Zeitpunkt angelegte Akten in Papierform weiter im Ganzen in Papierform geführt werden.[2]

 

Rz. 11

Gemäß § 52b Abs. 1 S. 3 FGO sind in der Rechtsverordnung die organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen für die elektronische Akte festzulegen.[3] Zu diesen Rahmenbedingungen gehören auch Regelungen zur Überführung von Papierdokumenten in die elektronische Form und Regelungen, die die Übereinstimmung des Papier-Originals mit dem daraus erzeugten elektronischen Dokument sicherstellen.[4] In Nordrhein-Westfalen wird beispielsweise für die technischen Rahmenbedingungen in offener Formulierung – wie in § 52b Abs. 1a FGO – auf den jeweiligen Stand der Technik verwiesen, der für bestimmte Anforderungen an die elektronische Akte gewährleistet sein muss. Dies betrifft die Verfügbarkeit der Akte, die Identifikation und Authentisierung des Benutzers, die Berechtigungsverwaltung und Berechtigungsprüfung, die Beweissicherung und die Möglichkeit der Wiederherstellung, die Prüfung der Unverfälschtheit der Daten, die Verlässlichkeit sowie die Übertragungssicherheit.[5] Des Weiteren finden sich in der nordrhein-westfälischen eAktVO FG auch Regelungen zur Überführung von Papierdokumenten in die elektronische Akte, wobei die Übertragung nach dem Stand der Technik zu erfolgen hat, beispielsweise nach den Anforderungen der Technischen Richtlinie 03138 Ersetzendes Scannen (RESISCAN) des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik.[6]

 

Rz. 12

I. d. R. erlassen nicht die Landesregierungen die Rechtsverordnungen, sondern die Ministerien, die jeweils für die Finanzgerichtsbarkeit zuständig sind, da die Ermächtigung nach § 52b Abs. 1 S. 4 FGO auf diese übertragen wurde.[7]

 

Rz. 13

Soweit es § 52b Abs. 1 S. 5 FGO ermöglicht, die elektronische Akte nicht sofort flächendeckend einzuführen, sondern die elektronische Akte in "Pilotsenaten" oder "Pilotgerichten" führend werden zu lassen, ist diese Möglichkeit genutzt worden.[8] Mit Wirkung ab 13.7.2017 ist zudem § 52a Abs. 1 S. 5 Halbsatz 2 FGO in Kraft getreten[9], der die Einführung einer Pilotierung der elektronischen Akte vereinfacht, weil dies durch einfache Verwaltungsvorschrift öffentlich bekannt gemacht werden kann und nicht durch eine Änderung der Rechtsverordnung.[10]

 

Rz. 14

Dass gem. § 52b Abs. 1 S. 6 FGO die Rechtsverordnung der Bundesregierung, die ihren Bereich regelt, nicht der Zustimmung des Bundesrats bedarf, dient lediglich der Klarstellung.[11]

Rz. 15 einstweilen frei

[1] Z. B. Verordnung zur elektronischen Aktenführung bei den FG im Land Nordrhein-Westfalen (eAkten-Verordnung Finanzgerichtsbarkeit – eAktVO FG) v. 9.2.2017, GV NRW 2017, 284, zuletzt geändert durch VO v. 11.4.2018, GV NRW 2018, 209; Baden-Württemberg: § 1 der Verordnung des Justizministeriums zur elektronischen Aktenführung bei den Gerichten (eAkten-Verordnung – eAktVO) v. 29.3.2016, GBl BW 2016, 265, zuletzt geändert durch VO v. 9.4.2018, GBl BW 2018, 125.
[2] Vgl. für Nordrhein-Westfalen: § 1 Abs. 1 S. 4 eAktVO FG i. d. F. GV NRW 2018, 209; für Baden-Württemberg: § 1 S. 3 eAktVO.
[3] Vgl. z. B. Baden-Württemberg: eAktVO v. 29.3.2016, GBl. BW 2016, 265; Nordrhein-Westfalen: eAktVO FG, GV NRW 2017, 281.
[4] BR-Drs. 609/04, 89 zu § 55b Abs. 1 VwGO.
[5] § 4 eAktVO FG; vgl. auch für Baden-Württemberg: § 4 eAktVO, GBl. BW 2016, 265.
[6] § 3 Abs. 2 eAktVO FG.
[7] Z. B. § 1 Abs. 2 S. 1 des Gesetzes über die Justiz in Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen – JustG NRW), GV NRW 2010, 29; § 1 Weiterübertragungsverordnung-elektronischer Rechtsverkehr bei Gerichten und der Staatsanwaltschaft, HmbGVBl 2006, 455.
[8] Z. B. in Nordrhein-Westfalen in bestimmten Senaten aller FG gem. § 1 Abs. 1 S. 1 eAktVO FG i. V. m. Allgemeiner Verfügung (AV) des Justizministeriums (JM) v. 25.4.2018, JMBl NRW 2018, 117; § 4 eAktVO FG NRW; in einzelnen Senaten bei dem FG Baden-Württemberg ab 31.7.2017, Anlage zu § 1 eAktVO, GBl BW 2017, 294.
[9] Art. 33 Abs. 2 Nr. 10 des G. v. 5.7.2017, BGBl I 2017, 2208.
[10] Vgl. z. B. ab 15.5.2018 für alle FG Nordrhein-We...

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