Rz. 27

Eine objektive Klagehäufung i. S. des § 43 FGO ist überhaupt nur dann gegeben, wenn mehrere Klagebegehren in einer einzigen Klageschrift von demselben Kläger (Rz. 29) gegen denselben Beklagten (Rz. 31) zusammengefasst werden, zwischen den zusammengefassten prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) ein Zusammenhang besteht (Rz. 33) und dasselbe Gericht hierfür zuständig ist.[1] Es ist insoweit ohne Bedeutung, ob die beklagte Finanzbehörde eine zusammengefasste Einspruchsentscheidung oder mehrere Einspruchsentscheidungen für die verschiedene Streitgegenstände erlassen hat.

Liegen die Voraussetzung einer objektiven Klagehäufung trotz zusammengefasster Klageerhebung jedoch nicht vor, hat das Gericht nach überwiegender Auffassung die Verfahren nach § 73 FGO zu trennen und getrennt zu entscheiden.[2]

 

Rz. 28

Eine objektive Klagehäufung i. S. des § 43 FGO kann auch nachträglich entstehen, wenn der Kläger einen weiteren prozessualen Streitgegenstand während des bereits anhängigen finanzgerichtlichen Verfahrens – innerhalb dieses Verfahrens zusätzlich – geltend macht.[3] Dies ist allerdings als Klageänderung i. S. des § 67 Abs. 1 FGO anzusehen, welche nur zulässig ist, wenn die beklagte Finanzbehörde einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält.[4] Außerdem müssen – bei fristgebundenen Klagen – nicht nur für das ursprüngliche Klagebegehren, sondern auch für das geänderte Klagebegehren die allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen.[5] Über die Zulässigkeit der als Klageänderung zu qualifizierenden nachträglichen Klagehäufung kann das FG auch durch Zwischenurteil gem. §§ 99 Abs. 2, 67 Abs. 3 FGO entscheiden.[6]

2.1 Identität des Klägers

 

Rz. 29

Sämtliche verbundene prozessuale Ansprüche müssen denselben Kläger betreffen. Allerdings kommt es insoweit nicht darauf an, ob materiell-rechtlich dieselbe Person berechtigt und verpflichtet ist, sondern maßgebend ist lediglich die prozessuale Beteiligtenstellung i. S. des § 57 Nr. 1 FGO.[1] Die erforderliche Identität des Klägers fehlt allerdings, wenn der Kläger nicht nur in eigener Sache klagt, sondern daneben auch als gesetzlicher Vertreter (z. B. als Vormund) oder als Partei kraft Amtes (z. B. als Insolvenzverwalter).

 

Rz. 30

Sofern es hinsichtlich der verschiedenen prozessualen Klageansprüche an der Identität des Klägers fehlt, ist eine gemeinsame Rechtsverfolgung nur unter den Voraussetzungen der subjektiven Klagehäufung i. S. des § 59 FGO möglich (Rz. 4).

[1] Steinhauff, in HHSp, AO/FGO, § 43 FGO Rz. 125.

2.2 Identität des Beklagten

 

Rz. 31

Die verbundenen prozessualen Ansprüche müssen sich daneben gegen denselben Beklagten i. S. der § 57 Nr. 2, § 63 FGO richten. Eine Klage gegen verschiedene Beklagte ist nur nach Maßgabe der "passiven" subjektiven Klagehäufung nach § 59 FGO zulässig.[1]

 

Rz. 32

Sofern der Kläger seine verbundenen Klagen allerdings gegen denselben Beklagten richtet, obwohl sie gegen verschiedene Beklagte hätten gerichtet werden müssen, erfüllt die Klage zwar die Voraussetzungen des § 43 FGO. Die Klage ist allerdings wegen fehlender Passivlegitimation insoweit als unzulässig abzuweisen, wie sie sich gegen den falschen Beklagten richtet.[2]

[1] Ebenso v. Beckerath, in Gosch, AO/FGO, § 43 FGO Rz. 46; Steinhauff, in HHSp, AO/FGO, § 43 FGO Rz. 131; weitere Hinweise: Dumke, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 59 FGO Rz. 4.

2.3 Zusammenhang der prozessualen Ansprüche

 

Rz. 33

Die objektive Klagehäufung setzt voraus, dass mehrere prozessuale Ansprüche (Rz. 2) im Zusammenhang stehen. Hieran sind aufgrund des Normzwecks (Rz. 1) keine zu strengen Anforderungen zu stellen, so dass jeder rechtliche, tatsächliche oder wirtschaftliche Zusammenhang ausreicht. Die jeweilige Klageart ist unerheblich.[1] Daher genügt es, dass es sich um denselben, um gleiche oder um gleichartige Sachverhalte mit ggf. gleichgelagerten Fragen auch zu verschiedenen Steuerarten und/oder mehreren Besteuerungszeiträumen handelt. Ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang darf sodann auch nach Entstehungsgrund oder Wirkungsweise mehrere prozessuale Ansprüche zusammenfassen.[2] Eine Verbindung von Klagen ist immer dann angezeigt, wenn im vorbereitenden Verfahren gemeinsame Schriftsätze zu wechseln sind, eine gemeinsame Sachaufklärung naheliegt, gemeinsame Erörterungs- und Verhandlungstermine und Beweisaufnahmen durchzuführen wären und eine gemeinsame Entscheidung zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen sinnvoll erscheint.

 
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