Rz. 81

Sind mehrere Personen als Inhaltsadressaten von einem Verwaltungsakt betroffen, kann grundsätzlich jeder Inhaltsadressat selbständig klagebefugt sein. Dies gilt insbesondere auch im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten. Denn der aufgrund der Zusammenveranlagung erlassene Einkommensteuerbescheid ist ein zusammengefasster Steuerbescheid i. S. des § 155 Abs. 3 AO, der sich gegen jeden der beiden Ehegatten als Gesamtschuldner richtet. Hiergegen kann sich jeder der Ehegatten mit verschiedenen Gründen wenden, gleichviel, wem die Einkünfte zugerechnet werden.[1] Dementsprechend können sich im Einspruchs- oder Klageverfahren unterschiedliche Steuerfestsetzungen für die Ehegatten ergeben. Dem klagenden Ehegatten kann die Klagebefugnis und das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis auch nicht allein deswegen abgesprochen werden, weil die festgesetzte Steuer schon entrichtet ist und ein Aufteilungsbesheid gem. § 269 Abs. 2 S. 2 AO nicht mehr beantragt werden kann. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt insoweit bereits dann vor, wenn ein rechtlicher Vorteil in Gestalt eines Steuererstattungsanspruchs für den klagenden Ehegatten nicht von vornherein und nach jeder denkbaren Betrachtungsweise zu verneinen ist. Die Auffassung, der klagende Ehegatte könne einen solchen Vorteil nicht erlangen, weil seinem Erstattungsanspruch die bestandskräftige ESt-Festsetzung seines Ehepartners, die der klagende Ehegatte als Gesamtschuldner nach § 44 Abs. 1 AO mit schulde, entgegenstehe, überspanne die an das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zu stellenden prozessualen Anforderungen, indem sie Umstände, die erst im Rahmen der Steuererhebung Bedeutung erlangen können, in unzulässiger Weise auf die Ebene des Steuerfestsetzungsverfahrens verlagere.[2]

Zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten können auch dadurch beschwert sein, dass das FA die Einkünfte abweichend von der Steuererklärung auf die Ehegatten aufgeteilt hat, ohne dass sich hierdurch die Gesamtsteuerschuld ändert. Denn die Klagebefugnis des Ehegatten, dem nach seiner Behauptung das FA zu hohe Einkünfte zugerechnet hat, folgt daraus, dass bei einer Aufteilung der rückständigen Steuern nach §§ 368, 270 AO grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen maßgebend sind, die der Steuerfestsetzung bei der Zusammenveranlagung zugrunde gelegt worden sind.[3] Insoweit entfällt die Klagebefugnis allerdings, sobald ein Antrag auf Aufteilung wegen vollständiger Tilgung der rückständigen Steuer nicht mehr zulässig ist.[4] Die Klagebefugnis fehlt daneben insbesondere, wenn ein in glaubensverschiedener Ehe lebender Ehemann einen gegen seine einer steuerberechtigten Kirche angehörende Ehefrau ergangenen Kirchensteuerbescheid angreift oder den Erlass der gegenüber seiner Ehefrau festgesetzten Kirchensteuer verlangt.[5]

 

Rz. 82

Im Fall der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen[6] ist der einzelne Feststellungsbeteiligte nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen der Sonderregelung des § 48 FGO klagebefugt. Die Personenvereinigungen sind selbst regelmäßig klagebefugt, soweit ihnen durch das jeweilige Steuergesetz Rechte gewährt oder Pflichten auferlegt werden. Personengesellschaften als solche und ihre Gesellschafter müssen insoweit als Steuersubjekte auseinandergehalten werden.[7] So sind z. B. Gesellschafter einer Personengesellschaft durch einen Umsatzsteuer- oder Grunderwerbsteuerbescheid, der sich gegen die Gesellschaft als Steuerschuldnerin richtet, nicht beschwert, weil eine Vollstreckung aus diesem Bescheid nur in das Gesellschaftsvermögen erfolgen kann.[8]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge