Rz. 10

Der BFH prüft zunächst die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beschwerde[1] wie Statthaftigkeit, Wahrung von Form und Frist, Beschwerdebefugnis, Beschwer und Rechtsschutzbedürfnis sowie ordnungsgemäße Prozessvertretung. Bei Fehlen einer Zulässigkeitsvoraussetzung ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen ist prozessual vorrangig.

Die Zulässigkeit der Beschwerde darf grundsätzlich nicht dahingestellt bleiben, selbst wenn die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Entscheidung nicht in materielle Rechtskraft erwächst; hier kann die Frage der Zulässigkeit offenbleiben und die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen werden.[2] In der Praxis des BFH wird häufig auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht eingegangen, wenn die Unbegründetheit offensichtlich feststeht und mit wenigen Sätzen begründet werden kann. Die Beschwerde wird dann als unbegründet zurückgewiesen.[3]

Dagegen bestehen insofern Bedenken, als der Erfolg einer Verfassungsbeschwerde davon abhängen kann, ob die Beschwerde als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wurde. Denn die Erschöpfung des Rechtswegs als Zulässigkeitsvoraussetzung der Verfassungsbeschwerde wird vom BVerfG grundsätzlich verneint, wenn ein Rechtsmittel vor dem BFH aus formellen Gründen keinen Erfolg hatte und deshalb als unzulässig verworfen wurde.[4]

Das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen beurteilt sich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung. Eine zunächst unzulässige Beschwerde kann daher nach Beseitigung der Zulässigkeitsmängel später zulässig werden.

 

Rz. 11

Ist die Beschwerde unzulässig, wird sie vom BFH durch Beschluss verworfen.[5] Eine Entscheidung darf nicht deshalb unterbleiben, weil die Beschwerde offensichtlich unzulässig (unstatthaft) ist (Rz. 10). Auch eine solche Beschwerde ist dem BFH zur Entscheidung vorzulegen. Der BFH hat daher auch über eine nach der neueren Rspr. unstatthafte sog. außerordentliche Beschwerde durch Beschluss nach § 132 FGO zu beschließen.[6] Das FG darf eine solche Beschwerde nicht unbearbeitet liegen lassen, sondern muss sie auch in diesem Fall dem BFH vorlegen.[7]

[3] Bergkemper, in HHSp, AO/FGO, § 132 FGO Rz. 19.
[4] Bergkemper, in HHSp, AO/FGO, § 132 FGO Rz. 19; Gräber/Ratschow, FGO, 9. Aufl. 2019, § 132 Rz. 9.

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