1 Finanzbehörden

 

Rz. 1

Die §§ 1629 AO regeln die Zuständigkeit der Finanzbehörden. Darunter sind die in § 6 Abs. 2 AO aufgeführten Bundes- und Landesfinanzbehörden zu verstehen. Dazu gehören über den Katalog der §§ 1 und 2 FVG hinaus auch die in § 6 Abs. 2 Nr. 6-8 AO aufgeführten Behörden, d. h. die Familienkassen, die Deutsche Rentenversicherung Bund als zentrale Stelle i. S. d. § 81 EStG und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See[1], derer sich das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) im Wege der Organleihe zur Erledigung bestimmter Aufgaben bedient.

Es handelt sich dabei um die Behörden, die mit Aufgaben i. S. v. § 1 Abs. 1 AO, d. h. mit der Verwaltung der durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaften geregelten Steuern einschließlich Steuervergütungen, befasst sind. Steuern i. d. S. sind auch Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Art. 5 Nr. 20 und 21 des Zollkodexes der Union.[2]

 

Rz. 2

Nach Art. 108 Abs. 4 S. 2 GG kann für die den Gemeinden (Gemeindeverbänden) allein zufließenden Steuern – dies sind unter den bundesgesetzlich geregelten Steuern die GrSt und die Gewerbesteuer[3] – die den Landesfinanzbehörden zustehende Verwaltung durch die Länder ganz oder z. T. den Gemeinden (Gemeindeverbänden) übertragen werden. Von dieser Möglichkeit haben die Flächenstaaten durchgängig in der Weise Gebrauch gemacht, dass nur die Festsetzung der Steuermessbeträge den Landesfinanzbehörden obliegt, während die Festsetzung, Erhebung und Beitreibung dieser Realsteuern[4] Aufgabe der Gemeinden ist. Auf deren Tätigkeit sind die §§ 1629 AO weder unmittelbar noch mittelbar anzuwenden. Denn die Gemeinden sind keine Finanzbehörden i. S. v. § 6 AO, und die §§ 1629 AO gehören auch nicht zu denjenigen Vorschriften des Ersten Teils der AO, die nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AO für die Verwaltung der Realsteuern durch die Gemeinden entsprechend gelten.

2 Bundes- und Landesfinanzbehörden

 

Rz. 3

Die Aufgaben der Finanzverwaltung sind nach Art. 108 GG auf Bund und Länder verteilt. Zölle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern ab dem 1.7.2009 sowie die Abgaben im Rahmen der EGen werden durch Bundesfinanzbehörden[1], die übrigen Steuern werden durch Landesfinanzbehörden verwaltet.[2] Aufgrund von Art. 108 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 GG hat der Bundesgesetzgeber den Aufbau dieser Behörden durch das FVG[3] geregelt.

Das Prinzip der Aufgabentrennung zwischen Bundes- und Landesfinanzbehörden wird durch Art. 108 Abs. 4 S. 1 GG durchbrochen. Dieser erlaubt es, durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesfinanzbehörden bei der Verwaltung der Steuern und die wechselseitige Übertragung von Verwaltungsaufgaben zwischen Bund und Ländern vorzusehen.[4] Von dieser Möglichkeit ist z. B. durch die vorübergehende Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer durch Landesfinanzbehörden in der Zeit v. 1.7.2009 bis zum 30.6.2014[5], vor allem aber durch die Übertragung einer Vielzahl von Aufgaben auf das Bundeszentralamt für Steuern[6] Gebrauch gemacht worden. Zur Erfüllung der ihm durch § 5 Abs. 1 Nr. 11, Nr. 18 Buchst. a-d, f und g und Nr. 20 zugewiesenen Aufgaben[7] bedient dieses sich im Wege der Organleihe der in § 6 Abs. 2 Nr. 6–8 AO bezeichneten Dienststellen der Sozialversicherungsträger.

[3] In der Neufassung v. 4.4.2006, BGBl I 2006, 846, 1202, zuletzt geändert durch G. v. 20.12.2022, BGBl I 2022, 2294.
[7] Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Abschnitt X des EStG, Weiterleitung bzw. Sammlung, Auswertung und Weitergabe der nach § 10 Absatz 2a, 2b und 4b, § 10a Abs. 5 und § 22a EStG zu übermittelnden Daten, Erhebung des Verspätungsgelds nach § 22a Abs. 5 EStG, Gewährung der Altersvorsorgezulage nach Abschnitt XI des EStG, Durchführung von Bußgeldverfahren nach § 50f EStG sowie Erhebung der einheitlichen Pauschsteuer nach § 40a Abs. 2 EStG.

3 Arten der Zuständigkeit

3.1 Sachliche und örtliche Zuständigkeit

 

Rz. 4

Unter Zuständigkeit verstehen die §§ 1629 AO zum einen die sachliche, zum anderen die örtliche Zuständigkeit. Die sachliche Zuständigkeit ist der örtlichen Zuständigkeit vorgelagert. Sie bestimmt darüber, welche Behörde oder welche Art von Behörden für die Erledigung bestimmter Aufgaben zuständig ist. Die örtliche Zuständigkeit entscheidet hingegen darüber, welche von mehreren gleichartigen Behörden die Aufgabe im Einzelfall wahrzunehmen hat. Örtlich zuständig kann demnach immer nur eine sachlich zuständige Behörde sein.

Im Fall der sachlichen Zuständigkeit beschränkt sich § 16 AO auf eine Verweisung auf die im FVG und andernorts getroffenen Regelungen. Im Fall der örtlichen Zuständigkeit enthalten die §§ 1829 AO, auf die § 17 AO verweist, zwar keine abschließende Regelung, aber doch Vorschriften für die wichtigsten ...

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