1 Überblick über den Regelungsinhalt

 

Rz. 1

Für die Durchführung des Besteuerungsverfahrens sind im 4. Teil 2. Abschnitt der AO besondere Mitwirkungspflichten geregelt. Die allgemeine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 1 AO[1] wird insoweit in diesem Gesetzesteil durch spezielle Regelungen inhaltlich konkretisiert. Dies gilt im 2. Unterabschnitt insbesondere für die Steuererklärungspflicht.[2] Die Regelungen des Abschnitts haben zuletzt durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016[3] z. T. erhebliche Änderungen erfahren. § 153 AO wurde um einen Absatz ergänzt durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.3.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts.[4]

 

Rz. 2

Über die Steuererklärungspflicht hinaus werden in diesem Unterabschnitt noch weitere steuerliche Mitwirkungspflichten geregelt, sodass die Überschrift zu diesem Unterabschnitt ("Steuerklärungen") eigentlich zu kurz greift. Diese weiteren Mitwirkungspflichten sind:

  • Beifügungspflichten von Unterlagen zur Steuererklärung nach § 150 Abs. 4 S. 1 AO
  • Belegerteilungspflicht Dritter nach § 150 Abs. 4 S. 2 AO, sofern der Beleg für die der Steuererklärung beizufügenden Unterlagen erforderlich ist,
  • Korrekturpflicht nach § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO bei fehlerhaften Steuererklärungen,
  • Anzeigepflicht nach § 153 Abs. 1 Nr. 2 AO bei fehlerhafter Verwendung von Steuerzeichen und Steuerstemplern,
  • Anzeigepflicht nach § 153 Abs. 2 AO bei nachträglichem Wegfall der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung oder sonstige Steuervergünstigung,
  • Anzeigepflicht nach § 153 Abs. 3 AO bei zweckwidriger Verwendung von Waren, für die eine bedingte Steuervergünstigung gewährt worden ist.
  • Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 4 AO für Feststellung einer Betriebsprüfung, die sich in den Folgejahren auswirken. Die Regelung gilt grundsätzlich ab 1.1.2025[5], kann aber auch auf die Steuern vorheriger Veranlagungszeiträume Anwendung finden.[6]
[3] BGBl I 2016, 1679.
[4] Gesetz v. 20.12.2022, BGBl I 2022, 2730.

2 Steuererklärung

2.1 Grundlagen

2.1.1 Begriffsbestimmung

 

Rz. 3

Steuererklärungen sind – entsprechend der zuvor in § 166 Abs. 1 RAO[1] enthaltenen Definition – formgebundene innerhalb einer bestimmten Frist zu erteilende Auskünfte des Stpfl.[2], die als Unterlage für die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder für die Festsetzung eines Steueranspruchs in den jeweiligen Steuerbescheiden dienen.[3]

[1] Hierzu Heuermann, in HHSp, AO/FGO, Vor §§ 149–153 AO Rz. 3.
[3] BFH v. 2.7.1986, I R 70/83, BFH/NV 1987, 704; BFH v. 14.1.1998, X R 84/95, BFH/NV 1998, 1013, BStBl II 1999, 203; BFH v. 22.5.2006, VI R 49/04, BFH/NV 2006, 1932, BStBl II 2006, 808; Heuermann, in HHSp, AO/FGO, Vor §§ 149–153 AO Rz. 3.

2.1.2 Merkmale

 

Rz. 4

Zweck der Steuererklärung ist es, der Finanzbehörde die zur Durchführung des Besteuerungsverfahrens erforderlichen Informationen zu verschaffen (Rz. 1). In den Steuererklärungen werden hierzu Angaben über Besteuerungsgrundlagen abgefordert (Rz. 9), die zur Festsetzung des Steueranspruchs benötigt werden. Besteuerungsgrundlagen sind gemäß der Legaldefinition des § 199 Abs. 1 AO die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind.[1] Gemäß § 157 Abs. 2 AO wird mit der Festsetzung der Steuer inzidenter über die festgestellten Besteuerungsgrundlagen entschieden.

 

Rz. 5

Eine Erklärung kann auch dann eine "Steuererklärung" i. d. S. sein, wenn sie nicht unmittelbar die Steuerfestsetzung zur Folge hat. Gemäß § 179 Abs. 1 AO werden so etwa in den in diesem Gesetz oder in sonstigen Steuergesetzen genannten Fällen über die Besteuerungsgrundlagen "gesonderte Feststellungsbescheide" erlassen, die als Grundlagenbescheide[2] für die Steuerbescheide, Folgebescheide[3], bindende Wirkung haben. Auch die für diese gesonderten Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen abzugebenden Erklärungen sind "Steuererklärungen" i. S. d. Gesetzes. wie z. B. die Formulierung des § 152 AO und des § 28 Abs. 3 S. 2 BewG bestätigt. Auch § 181 Abs. 1 S. 2 AO geht davon aus, dass es sich bei den Erklärungen zur gesonderten Feststellung um "Steuererklärungen" handelt, sodass der ausdrücklichen Verweisung auf § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO nur deklaratorische Bedeutung beizumessen ist. Die Steuererklärungen können demgemäß z. B. auch als Unterlage dienen für Einheitswertbescheide[4], gesonderte Gewinnfeststellungen[5] oder die Wertfeststellungen nach den §§ 114118 BewG.[6] Bei den Realsteuern[7] dient die Steuererklärung der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen im Steuermessbescheid[8], der Grundlagenbescheid[9] für die Festsetzung der Realsteuer[10], die Zerlegung[11] und die Zuteilung des Messbetrags[12] ist.

 

Rz. 6

Steuererklärungen können ebenfalls in der Form der Steueranm...

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