Rz. 1

Im 4. Teil der AO "Durchführung der Besteuerung" werden im 2. Abschnitt[1] besondere Mitwirkungspflichten der Beteiligten[2] behandelt. Der 1. Unterabschnitt[3] regelt hierbei die "Führung von Büchern und Aufzeichnungen". Durch die Verpflichtung, Bücher zu führen und Aufzeichnungen zu tätigen sowie diese Bücher und Aufzeichnungen auch aufzubewahren, sollen Unterlagen für das Besteuerungsverfahren geschaffen werden. Den Bestimmungen kommt damit eine zentrale Bedeutung für die Ermittlung des zu versteuernden Ergebnisses zu. Entsprechende Regelungen waren bereits in der RAO v. 13.12.1919 vorgesehen.[4] Die entsprechenden Bestimmungen fanden sich in §§ 160 bis 164 RAO 1919.[5]

Einzelne Bestimmungen des Abschnitts sind zuletzt geändert worden durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.3.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts.[6]

 

Rz. 2

Systematischer Ausgangspunkt der durch die §§ 140154 AO begründeten Mitwirkungspflichten des Stpfl. ist zunächst die Ermittlungspflicht der Finanzbehörde.[7] Diese hat grundsätzlich von Amts wegen die Besteuerungsgrundlagen im einzelnen Steuerfall zu ermitteln, d. h. die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind.[8] Da jedoch primär die beteiligten Stpfl. bzw. der übrige Beteiligte[9] Kenntnis von den Besteuerungsgrundlagen haben, ist die Durchführung des Besteuerungsverfahrens ohne Mitwirkung des Beteiligten i. d. R. nicht möglich. Ergänzend zur Ermittlungspflicht der Finanzbehörde normiert § 90 Abs. 1 AO für die Beteiligten eine allgemeine Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen. Diese allgemeine Mitwirkungspflicht wird u. a. durch die §§ 140154 AO konkretisiert.[10] Soweit Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nicht durch die §§ 140, 141 AO (s. Rz. 14) oder spezielle steuergesetzliche Regelungen begründet werden, können diese auch nicht auf die allgemeinen Mitwirkungs- und Erklärungspflichten des Stpfl.[11] gestützt werden.[12]

 

Rz. 3

Der allgemeine Zweck dieser einzelnen Pflichten liegt in erster Linie in dem erforderlichen Beitrag des Stpfl. zur Sachverhaltsermittlung und damit zur Durchführung der materiell zutreffenden Besteuerung des Beteiligten durch die Finanzbehörden. Die Pflicht besteht im steuerlichen Verwaltungsverfahren im Regelfall in einem Handeln des Stpfl. (Abgabe einer Steuererklärung, Erteilung einer Auskunft usw.), kann aber im Einzelfall auch in einer Duldung bestehen (z. B. Duldung einer Nachschau usw). In einzelnen Fällen soll durch die Mitwirkungspflichten aber der Finanzbehörde darüber hinaus auch eine Kontrollmöglichkeit für Besteuerungsverfahren gegen andere Stpfl. eröffnet werden.[13]

[4] Görke, in HHSp, AO/FGO, Vor §§ 140 bis 148 AO Rz. 1ff.
[5] Zur weiteren Rechtsentwicklung Görke, in HHSp, AO/FGO, Vor §§ 140 bis 148 AO Rz. 1ff.; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 140 AO Rz. 1f.
[6] Gesetz v. 20.12.2022, BGBl I 2022, 2730.
[7] § 88 AO; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 88 Rz. 1ff.
[8] S. Legaldefinition in § 199 Abs. 1 AO; vgl. im Einzelnen hierzu G. Frotscher, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 199 AO Rz. 2ff.

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