Rz. 23a

Seit der Streichung der Subsidiaritätsklausel (m. W. v. 30.6.2013) durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz stehen das Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 AO und das Vorlageverlangen nach § 97 Abs. 1 AO als gleichwertige Ermittlungsinstrumente nebeneinander. Auslöser für die Gesetzesänderung ist die BFH-Rechtsprechung zu § 97 Abs. 2 S. 1 AO a. F., nach der ein isoliertes Vorlageverlangen selbst über Kontoauszüge zu einem exakt bestimmten Konto ohne vorheriges Auskunftsersuchen grds. unzulässig war.[1] Daraus folgte, dass die Finanzbehörde im Regelfall auch dann zuerst auf ein Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 AO gegenüber dem Kreditinstitut zurückgreifen musste, wenn ihr die konkrete Geschäftsbeziehung bereits bekannt war und sie lediglich die Einsichtnahme in Kontoauszüge o. ä. Dokumente begehrte. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass die Aufhebung dieser speziellen Eingriffsschranke längst überfällig war.

 

Rz. 23b

Die Finanzbehörde kann aufgrund der Gleichstellung von Auskunftsersuchen und Vorlageverlangen nunmehr im Rahmen einer den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtenden Ermessensentscheidung (vgl. Rz. 16ff.) darüber befinden, welches der beiden Beweismittel ihr im Einzelfall zweckmäßiger erscheint. Dies trägt zu einer flexiblen, zielgerichteten und effektiven Ermittlung des für Besteuerungszwecke relevanten Sachverhalts bei. Vor allem wird der – insbesondere im Verhältnis zu Kreditinstituten – oftmals streitbehafteten Frage, ob die vom Adressaten des Vorlageverlangens erteilte Auskunft unzureichend war oder Bedenken gegen ihre Richtigkeit bestanden, wirksam der Boden entzogen, wodurch letztlich eine deutliche Verfahrensbeschleunigung eintreten dürfte.

Insbesondere, wenn die Angaben des Stpfl. (z. B. im Rahmen der Steuererklärung) lückenhaft oder unplausibel erscheinen, ist die Anforderung von Unterlagen selbst dann ermessensgerecht, wenn in diesen Unterlagen – anders in den Angaben des Stpfl. – Daten Dritter enthalten und zwangsläufig im Rahmen der Vorlage zu offenbaren sind.[2]

In Abwägung mit dem Schutzanspruch Dritter bei Übermittlung von Drittdaten überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an der möglichst lückenlosen Verhinderung von Steuerverkürzungen.[3] Der Hinweis, dass die Vorgaben der DSGVO[4] eine möglichst datensparsame Durchführung des Besteuerungsverfahren gebiete, schränkt das Ermessen der FInanzbehörde ebenso wenig ein, wie der Umstand, dass die angeforderten Unterlagen nicht nach den gesetzlichen Aufbewahrungsbestimmungen[5] vorzuhalten sind.[6] Während die DSGVO zur Durchführung des Besteuerungsverfahrens in Art. 5 Abs. 1 DSGVO ausdrücklich Vorgaben für eine rechtmäßige Verarbeitung in Form der Weitergabe der Daten enthält, ist der Gedanke, dass die nur einer gesetzlichen Aufbewahrungspflicht unterliegenden Daten beizubringen sind, nur für den Fall eines Datenabrufs i. S. d. § 147 Abs. 6 AO zu beachten.[7]

[4] Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG, ABl EU L 119 v. 4.5.2016, S. 1-88.
[5] Z. B. § 147 Abs. 1 AO.

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