Rz. 73

Die bis zum 17.8.2007 geltende Gesetzesfassung sah noch keine Hinweis- und Benachrichtigungspflichten vor. Die Steuerverwaltung wurde jedoch durch AEAO zu § 93 verpflichtet, den Betroffenen – wenn auch unter bestimmten Umständen erst nachträglich – in jedem Fall über einen durchgeführten Kontenabruf in Kenntnis zu setzen. Dies galt unabhängig davon, ob durch den Kontenabruf Abweichungen zu den Angaben in der Steuererklärung zutage getreten sind oder nicht. Bevor die Finanzbehörde einen Kontenabruf tätigte, sollte sie zunächst dem Stpfl. Gelegenheit geben, Auskunft über seine Konten und Depots zu erteilen und ggf. entsprechende Unterlagen[1] vorzulegen. Der Beteiligte sollte bereits in der Anforderung darauf hingewiesen werden, dass die Finanzbehörde einen Kontenabruf durchführen kann, wenn die Sachaufklärung durch ihn nicht zum Ziel führt.[2] Die vorherige Anfrage bzw. Information konnte jedoch unterbleiben, wenn der Ermittlungszweck hierdurch gefährdet worden wäre.

Die Unterrichtung des Betroffenen über die Durchführung eines Kontenabrufs für außersteuerliche Zwecke richtete sich nach den im Einzelfall anzuwendenden Gesetzen, die regelm. eine Information für den Fall vorsahen, dass Daten nicht beim Betroffenen selbst erhoben wurden. Daneben bestanden Auskunftsansprüche, durch die der Betroffene jedenfalls nachträglich von der Durchführung eines Kontenabrufs Kenntnis erlangen konnte.[3] Sofern keine spezialgesetzlichen Regelungen bestanden, ergaben sich die Informationspflichten und Auskunftsrechte aus den einschlägigen Datenschutzgesetzen.

 

Rz. 73a

Das Fehlen einer gesetzlichen Hinweis- und Benachrichtigungspflicht ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn nach BVerfG v. 13.6.2007, 1 BvR 1550/03 u. a., NJW 2007, 2464 hat der von einem Datenabruf Betroffene nach Art. 19 Abs. 4 GG zwar einen grundrechtlichen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Dieser setzt voraus, dass der Betroffene von einem heimlichen Eingriff überhaupt Kenntnis erlangen und ein Gericht das Rechtsschutzbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend prüfen kann. Das BVerfG lässt es dann aber genügen, wenn das jeweilige Verfahrensrecht dem von einem Kontenabruf Betroffenen ein grundsätzliches Auskunftsrecht gewährleistet, von dem dieser spätestens dann auch Gebrauch machen kann, wenn die jeweilige Behörde das Ergebnis des Kontenabrufs mit für ihn nachteiligen Folgen verwertet hat. Weitergehender Informationsrechte bedürfe es nicht. Insbes. sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet gewesen, eine Pflicht der jeweils handelnden Behörde zur Benachrichtigung des Betroffenen nach jedem Kontenabruf vorzusehen. Bleibt der Kontenabruf für den Betroffenen ohne nachteilige Folgen, so wiege dessen Feststellungs- und Unterlassungsinteresse nicht so schwer, dass ihm stets aktiv die für eine gerichtliche Geltendmachung erforderlichen Kenntnisse verschafft werden müssten.

 

Rz. 73b

Der Gesetzgeber hat den handelnden Behörden mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 in § 93 Abs. 9 AO dennoch gewisse Hinweis- und Benachrichtigungspflichten auferlegt. Zunächst ist der Betroffene nach S. 1 vor einem Abrufersuchen auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hinzuweisen. Da dies aber auch durch einen ausdrücklichen Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern geschehen kann, dürften einzelfallbezogene Unterrichtungen im Vorfeld eines Kontenabrufs wohl eher eine Seltenheit bleiben. S. 2 enthält sodann eine – vom Ergebnis des durchgeführten Kontenabrufs unabhängige – Pflicht zur anschließenden Benachrichtigung des Betroffenen. Auf die Frage nach dem (Mindest-)Inhalt einer solchen Benachrichtigung gibt das Gesetz keine Antwort.

 

Rz. 73c

§ 93 Abs. 9 S. 3 AO enthält Ausnahmen von der Benachrichtigungspflicht gegenüber dem Konteninhaber. Diese sind den Ausnahmen von der generellen Informations- und Auskunftspflichten datenverarbeitender Finanzbehörden nach §§ 32b, 32c Abs. 5 AO entnommen. MIt Anwendung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zum 25.5.2018[4] wurde für den Bereich der Steuerverwaltung ein bereichsspezifisches Datenschutzrecht geschaffen, das in §§ 32b und 32c AO entsprechende Pflichten der Steuerverwaltung zur Information des Betroffenen über Rechtsgrundlage, Zweck und Reichweite der Datenverarbeitung enthält. Durch das Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften[5] werden die bisher enthaltenen Bezüge ins Bundesdatenschutzgesetz durch die abschließend geltenden Regelungen in der AO[6] ersetzt. Die so in Bezug genommenen Ausnahmefälle der §§ 32b und 32c Abs. 5 AO entsprechen weitgehend den nach altem Recht geltenden Ausnahmen (Gefährdung der Aufgabenerfüllung; Gefährdung der öffentlichen Sicherheit; Geheimhaltungsinteresse Dritter), sodass als Grund für die Änderung des § 93 Abs. 9 S. 3 AO ausschließlich eine Änderung der Verweistechnik im Gesetz anzunehmen ist. Eine inhaltliche Änderung dieser Regelung ist nicht eingetreten. Nach Auffassung der Verwaltung liegt ein Fall der Gefährdung der Aufgabener...

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