Rz. 2

Selbst handlungsfähige Beteiligte i. S. d. § 78 AO und gesetzliche Vertreter nicht handlungsfähiger Beteiligter können sich im steuerlichen Verwaltungsverfahren gegenüber der Finanzbehörde durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Das Steuerrecht bietet für den Bürger teilweise erhebliche rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, sodass dieser sich sachkundiger Unterstützung bedienen muss oder sollte. § 80 AO soll die "Waffengleichheit" zwischen dem Stpfl. und der regelmäßig sachkundigeren und routinierten Finanzverwaltung fördern, indem der Stpfl. das Recht, aber nicht die Pflicht erhält, sich sachkundiger Berater zu bedienen. Die generelle Zulässigkeit der Vertretung im Verwaltungsverfahren ist damit ein aus dem Rechtsstaatsprinzip erwachsendes Verfahrensgrundrecht und ein Gebot der Verfahrensfairness.[1] Sie sichert zudem die Objektivität der Besteuerung.[2] Die Kosten für Vertretung im finanzbehördlichen Verfahren hat regelmäßig der Stpfl. zu tragen.[3]

Aus den Schwierigkeiten des Steuerrechts ergibt sich jedoch kein Anspruch des Stpfl. auf (kostenfreie) Beiordnung eines Bevollmächtigten.[4] Er ist wiederum auch nicht verpflichtet, sich vor den Finanzbehörden vertreten oder unterstützen zu lassen. Dies gilt selbst dann, wenn der Beteiligte nicht zu einem sachgemäßen Vortrag in der Lage ist.[5] Etwas anderes gilt wiederum für einen Beteiligten, der infolge einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage ist, in dem Verwaltungsverfahren selbst tätig zu werden.

Wird ein Beteiligter wirksam durch einen Bevollmächtigten vertreten, ist der Beteiligte grundsätzlich nicht verpflichtet – wohl aber berechtigt – persönlich am finanzbehördlichen Verwaltungsverfahren teilzunehmen.[6] Ausnahmen hiervon stellen etwaige unvertretbare höchstpersönliche Verfahrenshandlungen dar.

 

Rz. 3

§ 80 AO trifft nur eine Regelung für die "gewillkürte" Vertretung, also für den rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten. Dieser erlangt seine Vertretungsmacht, d. h. seine rechtliche Befugnis, für den Vertretenen im steuerlichen Verwaltungsverfahren zu handeln, durch den Willen und die Vollmacht des Vertretenen. Die Regelungen des § 80 AO sind dagegen insbesondere nicht auf die gesetzlichen und organschaftlichen Vertreter anwendbar.[7]

Nicht zum Verwaltungsverfahren gehört das Strafverfahren[8] wegen Steuerstraftaten[9] bzw. das Bußgeldverfahren[10] wegen Steuerordnungswidrigkeiten[11], auch wenn und soweit Finanzbehörden[12] tätig sind.[13]

[1] Mues, in Gosch, AO/FGO, § 80 AO Rz. 2; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 80 AO Rz. 9; Koenig/Hahlweg, AO, 4. Aufl. 2021, § 80 Rz. 3; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 80 AO Rz. 1.
[3] Grundsätzlich erfolgt im Verwaltungsverfahren keine Kostenerstattung. Eine Ausnahme ergibt sich insoweit für die Rechtsverfolgungskosten im Einspruchsverfahren, wenn das FG gem. § 139 Abs. 3 S. 3 FGO die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Einspruchsverfahren für notwendig erklärt hat.
[4] BFH v. 27.4.2001, XI S 10/01, BFH/NV 2001, 1363. Zur Bestellung eines Vertreters von Amts wegen s. die Erläuterungen bei Schneider, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, zu § 81 AO.
[5] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 80 AO Rz. 10.
[6] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 80 AO Rz. 32, 34.
[13] S. hinsichtlich der Verteidigung im Steuerstrafverfahren die Erl. bei Klaproth, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, zu § 392 AO.

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