Rz. 8c

Zum Innehaben der Wohnung gehört auch ihre tatsächliche Nutzung, also das Ausüben der Verfügungsmacht. § 8 AO setzt die abstrakte Verfügungsmöglichkeit über die Wohnung voraus.

Auch unregelmäßige Aufenthalte in einer Wohnung können zur Begründung auf Aufrechterhaltung eines Wohnsitzes ausreichen.[1] Die in der Lit. teilweise geforderte Regelmäßigkeit[2] wird von der höchstrichterlichen Rspr. nicht vorausgesetzt. Allein die Tatsache, dass eine Zweit- oder Ferienwohnung nur in unregelmäßigen Abständen benutzt wird, schließt entgegen der h. M.[3] das Innehaben nicht aus. Entscheidend muss vielmehr sein, wie häufig und wie umfangreich diese unregelmäßigen und auch die regelmäßigen Nutzungen stattfinden. Der BFH fordert dementsprechend auch nur eine regelmäßige oder gewohnheitsmäßige Nutzung der Wohnung. M. E. reicht eine häufige Nutzung nicht nur zum Übernachten allein aus. Eine Mindestzahl an Tagen oder Wochen im Jahr als Aufenthalt ist nicht erforderlich.[4] In Ausnahmefällen kann auch eine längere Nichtnutzung für das Innehaben der Wohnung unschädlich sein, z. B. wenn die Wohnung für den Stpfl. durch Familienangehörige genutzt wird.[5] Nur für ungewisse Fälle (z. B. Notfälle) vorrätig gehaltene Räumlichkeiten hat ein Stpfl. nicht inne.[6] Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Besuchs- oder Erholungszwecken genügt nicht.[7] An der für das Innehaben einer Wohnung notwendigen Verfügungsmacht fehlt es auch im Fall häufiger Besuchsaufenthalte bei einem Bekannten oder Verwandten[8], solange es sich tatsächlich nur um gelegentliche Besuchsaufenthalte und kein "Mitbewohnen" handelt (Tatfrage).[9] Ein im Ausland lebender Pilot einer inländischen Fluggesellschaft, der sich im Keller des Hauses einer Familie gemeinsam mit zwei weiteren Piloten ein Standby-Zimmer mietet, welches abwechselnd die Piloten, aber auch die Gäste der Familie nutzen, verfügt m. E. grundsätzlich über einen inländischen Wohnsitz, auch wenn aufgrund der Feststellungslast des FA unklar bleibt, wer im Konfliktfall ein Recht auf die Zimmernutzung gehabt hätte, wenn – anders als im festgestellten Sachverhalt des Hessischen FG[10] – eine Nutzung über Übernachtungszwecke hinaus erfolgt. Denn eine einvernehmliche abwechselnde Nutzung beinhaltet eine Mitnutzungsmöglichkeit; maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse: Wenn danach in der Vergangenheit immer eine Übernachtungsmöglichkeit sichergestellt war, reicht dies aus, da eine rechtlich abgesicherte Verfügungsbefugnis gerade nicht erforderlich ist.[11]

[2] Buciek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 8 AO Rz. 27: Wobei Buciek allerdings klarstellt, dass eine zeitliche feste Grenze nicht bestehe und darauf abzustellen sei, ob die Nutzung über Ferien- oder Erholungsaufenthalte hinausgehe.
[3] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 8 AO Rz. 8.
[8] Vgl. Rz. 8.
[11] Koenig/Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 8 Rz. 12.

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